Jean Jaans

Notizen zu unserer Generalversammlung

Die diesjährige Generalversammlung unserer Vereinigung fand am 27. April im angenehm gestalteten « Centre culturel » im Clerfer Schloß statt. Der Saal war relativ dicht gefüllt, vermutlich auch weil besorgte Waldbesitzer den zum Schluß der Tagesordnung vorgesehenen gut dokumentierten und tiefschürfenden Vortrag von Forstamtsleiter Jean-Jacques Erasmy zum aktuellen Zustand der Öslinger Wälder hören wollten.

Präsident Léon Braconnier begrüßte die erschienenen Freunde und Mitglieder herzlich, insbesondere auch die Abgeordneten Emile Calmes und Camille Weiler sowie den Clerfer Bürgermeister Aloyse Nosbusch und weitere Gemeindevertreter aus Clerf und Umgebung. In seinem traditionellen Jahresrückblick stellte Freund Braconnier fest, die Vereinigung « De Cliärrwer Kanton » bestehe nunmehr im elften Jahr. Fast 1500 Mitglieder halten ihr die Treue und die dreimal im Jahr veröffentlichte Zeitschrift erfreut sich großer Beliebtheit; auch die Kunstausstellung zum Jahresende weckt immer großes Interesse. Der Redner bedauerte sodann den allzu frühen Tod des früheren Clerfer Bürgermeisters Michel Wehrhausen, der sich während vielen Jahren unermüdlich für die Belange des Kantons einsetzte. Auch der Schreiber dieser Zeilen empfindet immer noch Bedauern und Nostalgie, weil « Wehrhausens Misch » uns in Clerfer und Öslinger Landschaft für alle Zeiten verlassen hat – er war ein jovialer und freundlicher Mann, der über alle denkbaren Differenzen hinaus Sinn und Geschick für Bindestriche zwischen Menschen und Ideologien hatte, die in unserem Tagen geradezu Mangelware werden!

Eine große Kantonal-Ausstellung

war vom 23. Juni bis zum 14. Juli in Clerf geplant. Auf einer Fläche von 1.400 Quadratmetern sollten die historischen, wirtschaftlichen, demographischen und sozialen Aspekte des Nordkantons unter dem Titel « De Kanton Cliärref – e schéint Stéck Lëtzebuerg » dargestellt werden. Die Vorbereitungsarbeiten waren unter aktiver Mitarbeit zahlreicher freiwilliger Helfer bereits weit fortgeschritten, doch gelang es nicht, die Finanzierung zu sichern, insbesondere auch, weil Kulturministerium und nationaler Kulturfonds ihre bindende Zusage immer wieder hinauszögerten; auch gab es Meinungsverschiedenheiten mit den staatlichen Instanzen hinsichtlich der Frage, ob ein spezialisiertes Unternehmen die Infrastruktur der Ausstellung sichern sollte.

Das Vorhaben, den Nordbewohnern und der gesamten Luxemburger Bevölkerung Schönheit und kulturell-historisch prächtigen Reichtum wie auch die Überlebensfragen des Kantons Clerf plastisch und drastisch vor Augen zu führen und gleichzeitig im allgemeinen auf die vielfältigen Probleme im ländlichen Raum aufmerksam zu machen, ist 1990 also an mangelndem Interesse und Unverständnis gescheitert. Die Verantwortlichen von « De Cliärrwer Kanton » wollen im kommenden Jahr einen zweiten Anlauf wagen – wir wünschen viel Geduld und Erfolg!

Präsident Braconnier dankte sodann für die finanzielle Unterstützung durch Gemeinden und Staat, durch welche die Veröffentlichung unserer Zeitschrift in Verbindung mit der Hilfe der Mitglieder und der völlig unentgeltlichen Mitarbeit namhafter Autoren überhaupt erst möglich ist.

« Was ist der Kanton Clerf den staatlichen Autoritäten wert? » fragte Léon Braconnier sodann und stellte fest, im Gegensatz zu früheren Regierungserklärungen sei die spezifische Problemlage des Kantons Clerf 1989 nicht mehr besonders berücksichtigt worden, auch im Zusammenhang mit dem Bau der unbedingt erforderlichen Nordstraße seien keine Fortschritte zu verzeichnen.

In Vertretung der erkrankten Sekretärin Marie Neuens erstattete Vorstandsmitglied Jean Meyers den Tätigkeitsbericht, aus dem hervorging, daß im Vorjahr 1989 acht Vorstandssitzungen stattfanden. Ein Orgelkonzert, die Veröffentlichung einer wissenschaftlich-historischen Arbeit von Professor Jos. Goedert zur Lage der Kantonalgemeinden von 1795 bis 1814, die Literaturtage in Clerf, eine Autorenlesung von Alex Jacoby und Adrien Ries sowie die Weihnachtsausstellung waren Höhepunkte in der Vereinstätigkeit. Ein Computer erleichtert neuerdings die übersichtliche Mitgliederverwaltung, die von Victor Kratzenberg tadellos gesichert wird.

Kassierer Aly Bertemes legte sodann seinen Jahresbericht vor, aus dem hervorging, daß

die Vereinigung über die Runden kommt,

allerdings ist zu bemerken, daß Druck und Versand unserer Zeitschrift auf 468 Franken pro Heft zu stehen kommen, so daß der Mitgliederbeitrag von 450 F nicht mehr kostendeckend ist. Die Rechnungsprüfer Jean-Paul Meyer und Paul Zeimes bestätigten eine einwandfreie Finanzverwaltung und empfahlen Entlastung für den Kassierer, die einstimmig von der Versammlung gewährt wurde. Ebenfalls wurde beschlossen, den Jahresbeitrag von 450 Franken noch beizubehalten.

Bei der anschließenden freien Aussprache wurden Probleme rundum Kantonalausstellung und Schnellstraße berührt; der Anschluß an die belgische Autobahn über Wemperhardt-St.-Vith, der Ausbau der gefährlichen Dreibahnstraße im Norden, ein günstigerer Zugfahrplan für Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen in der Hauptstadt und Schaffung von Industriezonen und Arbeitsplätzen waren weitere Themen.

Der abschließende Vortrag von Forstamtsleiter Jean-Jacques Erasmy zu Waldproblematik und Waldschäden an der Nordspitze nach den Orkanen von 1990 war in vielen Beziehungen aufschlußreich und bedrückend – wir werden bei Gelegenheit auf das auch in Zukunft aktuelle Thema zurückkommen.