Léon Braconnier

Kulturelles am Rande?

Sowohl bei Gelegenheit der Ausstellungen als auch der neuen Konzertserie, immer wieder finden begeisterte Besucher Lobesworte für die Initiativen eines Cliärrwer Kanton. Lobesworte, gepaart mit Erstaunen über die Qualität des Gebotenen. Lobesworte, gepaart mit Ermutigung zum Weitermachen. Aber was den Organisatoren vielleicht am meisten Freude macht, sind Dankenswerte, ehrlich gemeinter Dank für die kulturelle Bereicherung einer Gegend, in der leider vieles (noch) nicht selbstverständlich ist, was anderswo fast zum Alltäglichen gehören mag.

Wiederholt sind wir für Chancengleichheit für die Einwohner unseres Landes eingetreten. Dabei haben wir keineswegs gleiche Lebensbedingungen angepeilt, sondern gleichwertige. In den Direktiven zur Landesplanung steht folgende wichtige Passage:

Dans chaque région il y a lieu de tendre vers un ordre cohérent entre les cinq fonctions « Habiter – travailler – consommer – se déplacer – se détendre ».

Inwiefern herrscht in dieser idealen Ordnung an der Landesspitze Unordnung? Wir möchten in diesem Moment nicht auf all das Gedankengut eingehen, welches diesbezüglich aus den Reihen des Cliärrwer Kanton zur Diskussion gestellt wurde, da der Vorstand in absehbarer Zeit beabsichtigt, Bilanz zu ziehen über das was erreicht wurde, und über das, was für die Zukunft lebenswichtig erscheint.

Oft ist auf dieser Seite über eine neue Partnerschaft, zwischen den Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum geschrieben worden. Die Entscheidung über seinen Wohnsitz ist seit jeher für den Menschen eine wichtige gewesen. Sehr aufschlußreich ist das Studium der Gründe, wieso wohl jene Stadt oder jenes Dorf aufgeblüht, andere verschwunden sind. Mit Sicherheit hat sich im Laufe der Jahrhunderte die Wichtigkeit verschiedener Parameter grundsätzlich geändert. Und immer noch ist das Sich-Wohl-Befinden des Menschen das komplexe Resultat einer Reihe von Erwägungen, deren Bogen sich von vordergründigen, finanziellen Fragen bis hin zu kaum erforschbaren, unterbewußten Gründen spannt.

Heute dürfte das schnelle Erreichen von Arbeitsplätzen, Ausbildungs- und Dienstleistungszentren, medizinischen, kulturellen, sportlichen und kommerziellen Infrastrukturen wohl für die meisten von entscheidender Bedeutung sein. Und im Zeitalter der Arbeitszeitverkürzung wird das Angebot an kulturell Hochwertigem immer mehr zum wesentlichen Bestandteil der Lebensqualität. Das Kulturministerim setzt sich in starkem Maße für eine Dezentralisierung des Angebotes ein. Dies wurde nicht zuletzt durch die Einstellung eines « Animateur Culturel Régional » bewiesen, der eine hervorragende Arbeit leistet. So soll schon jetzt verraten werden, daß es durch diese Zusammenarbeit durchaus möglich ist, daß wir Anfang 1995 in der glücklichen Lage sein werden, im Rahmen von « Luxemburg, Ville Européenne de la Culture », ein Konzert von Weltklasse anzubieten.

Auch unsere traditionelle Ausstellung zum Jahresende wird dieses Jahr für Aufsehen sorgen, da es gelungen ist, mit Marie-Josée Kerschen und Isabelle Lutz zwei sehr talentierte luxemburger Künstlerinnen ins Clerfer Schloß einzuladen.

Rückblickend darf die kulturelle Vereinigung « DE CLIÄRWER KANTON » ruhig ein bißchen stolz sein auf das Geleistete. Unser Bulletin, eine in Luxemburg immer noch einmalige Veröffentlichung, erscheint im 15. Jahr und erfreut sich großer Beliebtheit. Wir möchten in Zukunft nicht nur das hohe Niveau unsere Zeitschrift erhalten, sondern sie noch attraktiver gestalten, u.a. mit sehr aktuellen Beiträgen. Neben dem attraktiven « Klenge Marnecher Festival » ist unsere Konzertreihe « Les Concerts du Cliärrwer Kanton » dabei, das ganze Jahr über musikalische Highlights anzubieten.

So manches ist in den letzten Jahren im Cliärrwer Kanton in Bewegung geraten. Wir sind der Meinung, daß auch der kulturellen Dimension, besonders in strukturschwachen Gebieten, eine eminent wichtige Rolle im sozialen Gefüge zukommt. Ohne Zweifel hat 1991 unsere große Ausstellung « DE KANTON CLIÄRREF, E SCHEINT STECK LETZEBUERG » richtungsweisende Bedeutung gehabt, als die Regierung 1983 in der « Etude sur le Canton de Clervaux » eine Bestandsaufnahme riskierte, fehlte erstaunlicherweise ein Kapitel über die Kultur. Umso befremdender, als der Kanton Clerf sicherlich nicht nur ein schönes Stück Luxemburg ist, sondern auch ein schönes Puzzelstück in unserer alten, europäischen Kulturlandschaft. Mit Blick auf « Luxembourg, Ville Européenne de la Culture 1995 » sollte sich auch der Landesnorden zu neuen Ufern freischwimmen. Wer möchte nicht dabei sein?

In seinem Artikel « Ein Chorkonzert vom Allerfeinsten » schreibt der geschätzte Musikrezensent Loll Weber am 7. Juli im Luxemburger Wort:

« Die Muse persönlich hatte die Organisation des Cliärrwer Kanton »… wohl inspiriert, als sie Pierre Cao mit seinem « Choeur de chambre de Namur » und dem « Orchestre de chambre de Wallonie » zu dem Bach-Fauré Konzert am vergangenen Samstag in die Clerfer Dekanatskirche einluden. Da war zunächst das wertvolle Programmangebot. »… « Es war ein hochrangiges Konzert, das uns noch lange in bester Erinnerung bleiben wird. Den mutigen Clerfer Organisatoren sei für zukünftige Veranstaltungen eine ebenso glückliche Hand gewünscht. Ein herrlicher Musikabend! »

Kulturelles am Rande?