Léon Braconnier
Die Kommission
Nominativ: die Kommissionen
Genitiv: der Kommissionen
Dativ: den Kommissionen
Akkusativ: die Kommissionen
Der furchtbare Boden im Ösling ist, sagten die Planer. Der Boden im furchtbaren Ösling ist mit dem Thomasmehl fruchtbar geworden. Und auf diesem Boden wird sie, sagten sie, gedeihen, die Landwirtschaft. Und die Planer schauten auf die Felder und Wälder, auf die Hügel und Täler und auf die Burgruine. Hier wird auch er, sagten sie dann mit fröhlicher Miene, blühen, der Tourismus. So planten die Planer die beiden Standbeine, auf denen das Ösling aufrecht in die Zukunft schreiten sollte. Die Landwirtschaft und der Tourismus.
Als dann das Ösling begann, etwas weniger aufrecht zu schreiten, kamen die Planer wieder und sagten: Keine Panik. Nur keine Panik, sagten die Planer. Wir müssen den Plan nur der modernen Zeit anpassen. Und heutzutage ist eines gefragt. Qualität ist gefragt. Qualität zahlt sich aus. Wir müssen auf die Qualität setzen. Ab heute planen, sagten sie, wir die Qualitätslandwirtschaft und den Qualitätstourismus. So planten die Planer abermals die beiden Standbeine, auf denen das Ösling aufrecht in die Zukunft schreiten sollte. Die Qualitätslandwirtschaft und den Qualitätstourismus.
Als man dann die Tendenz des Öslings, etwas in die Knie zu sacken, nicht mehr verbergen konnte, rief man die Planer erneut. Und sie kamen und sprachen. Europas, sagten sie, Europas Landwirtschaft steckt weltweit in einer tiefen Krise. Und sie sprachen auch vom Tourismus, vom Qualitätstourismus. Europas, sagten sie. Europas Tourismus steckt weltweit in einer tiefen Krise. Das Problem ist komplex, die Lösung nicht einfach. Laßt uns, sagten sie, doch die Experten um Hilfe fragen. Und die Planer holten die Experten und die Experten schauten und sprachen. Die Situation ist, sagten sie, komplex, die Lösung nicht einfach. Und diese komplexe Situation verlangt eingehend studiert zu werden. Nur eine Studie, mahnten sie und hoben die Zeigefinger, nur eine vielschichtige Studie kann eine abgrundtiefe Einsicht geben.
Und die Experten schlugen umgehend eine Kommission vor, eine interministerielle, eine Kommission von Planern, Experten und Weisen und beschlossen Kilometergeld und Entschädigung und gaben sich ein internes Reglement, einen Vorsitzenden, einen Protokollführer und ein Logo. Letzteres wurde auf Briefpapier gedruckt und auf die Umschläge und auf ein Fähnchen, das den Konferenztisch zieren sollte. Und dann begannen die Experten, sich eine Meinung zu bilden. Ein Weißbuch sollte erstellt werden, das Weißbuch der Weisen. Zuerst aber mußte geklärt werden, ob keine Direktive aus Brüssel dem weisen Weißbuch hinderlich sei und ob das weise Weißbuch auch dem Ministerium der Umwelt nicht ungelegen käme. Dann mußte eine Genehmigung eingeholt werden, um eine Genehmigung anfragen zu können.
Aber dann mußte auch noch der Rat des Rates des Staates erbeten werden. Und die Fraktionen und eine Kommission des Parlamentes meldeten sich zu Wort, und als dann die eine und die andere Schlagzeile in der Presse für das eine Oh und das andere Aha sorgten, entschloß man sich kurzerhand zur eilig einberufenen Pressekonferenz. Die Situation ist in einem, sagten die Mitglieder der Kommission, Wort komplex, die Lösung nicht einfach. Behutsames Vorgehen ist angebracht. Und vielsagend sprachen sie von Paragraphen und Sensibilitäten, von Vorsicht und Prozenten und Tendenzen und Direktiven und zeigten auf das Logo auf dem Fähnchen.
Und dann tagten sie wieder. Bevor sie sich aber vertagten, meinten die Experten, die Planer und die Weisen: wenn wir die Sache logisch und mit letzter Konsequenz angehen wollen, müssen wir zuerst ein Inventar der Bedürfnisse aufstellen. Und dieses zukünftige Inventar der Bedürfnisse kann nur, sagten sie, auf dem genauen Inventar des Bestehenden wurzeln. So wurden die Inventare beschlossen. Und dann sagte der Vorsitzende mit ernsten Augen: laßt uns, sagte er, laßt uns bei alledem eines nicht vergessen, die Würde, die Würde des Menschen. Für Inventare aber. Sagte der Vorsitzende dann, ist diese, unsere Kommission, wohl nicht zuständig. Da nickten die Mitglieder der Kommission und schrieben Kilometer und Minuten und beschlossen die Ernennung einer Kommission, die umgehend die Inventare auf- und erstellen sollte.
Und bevor sie sich endgültig vertagten, notierte der Protokollführer noch die Tagesordnung für das nächste Treffen: die Planung der Feierlichkeiten mit denen der erste Geburtstag der Kommission würdig zu begehen sei.