Léon Braconnier

Leidenschaft Buch

Im Rahmen des auslaufenden Leader II arbeitet unsere Vereinigung zur Zeit an einem grösseren Projekt: die Einrichtung einer regionalen Bibliothek. Im nächsten Monat dürften die Arbeiten soweit gediehen sein, dass mit einer Eröffnung im Frühsommer zu rechnen ist. Das wäre fürwahr ein guter und symbolträchtiger Start ins neue Jahrhundert. Geeignete Räumlichkeiten stellt die Ulflinger Gemeinde zur Verfügung. In einer ersten Phase soll die Bibliothek zwei Nachmittage pro Woche geöffnet sein. Sie soll natürlich über eine eigene Bücherreserve verfügen, wird aber auch dank Bicherbus und Nationalbibliothek periodisch ein frisches Sortiment anbieten. Zur gegebenen Zeit ist auch ein Aufruf an die Bevölkerung geplant, eventuell nicht mehr benötigte Bücher zu stiften.

Mit der Eröffnung der Bibliothek geht ein jahrelanger Wunsch unserer Vereinigung in Erfüllung. Dem Buch, dem geschriebenen Wort und dem gedruckten Bild kommen unserer Meinung nach primordiale Bedeutung zu. Diese Meinung des Cliärrwer Kanton verwundert wohl niemanden, so man an die unvergesslichen Gründungsväter des Cliärrwer Kanton denkt, wie Rene Maertz und Tony Bourg. Bücher sind solide Steine beim Bau der Zukunft. Bücher sind aber auch wichtige Zeugen des langen Weges der Menschen bis hin zum 3. Jahrtausend. Und ihr Zeugnis beschreibt diesen langen Weg sehr ausführlich. Mal war er freudig, mal beschwerlich. Fast immer aber holprig.

Eine Bibliothek ist ein permanentes Plädoyer für das Buch. Bücher sind leidenschaftlich, spannend, traurig, froh, informativ, optimistisch, lehrreich, nachdenklich, still, sanft, feurig, intelligent, verrückt, witzig. Bücher sind fast wie Menschen. Und Lesen macht klug.

Aber da fällt mir ein Satz von Leopold Hoffmann ein: « Heute beziehen viele junge Leute ihre Lebensphilosophie ausschliesslich von den Schlagertextern und Discjockeys ». Die Auseinandersetzung mit dem Gedruckten scheint in der Tat für viele Zeitgenossen nicht ein Fest für den Verstand zu sein, sondern erreicht die Dramatik eines regelrechten Kampfes. Dann lieber gleich die weisse Fahne hissen und nach der Fernbedienung greifen.

Neben Tony Bourg und René Maertz soll auch Gründungsmitglied Lex Jacoby hier erwähnt werden. Der langjährige Chefredakteur unserer Zeitschrift hat vor zwei Monaten seinen 70. Geburtstag gefeiert. Da will De Cliärrwer Kanton natürlich im Reigen der Gratulanten nicht fehlen und dem Schriftsteller seine respektvollen Glückwünsche präsentieren. Zudem den Wunsch äussern, dass Lex Jacoby’s Feder noch viele Stunden schreibe und schreibe und schreibe.

Leider ist Literatur nicht immer ein Genuss. Auch motivierte Leser ringen bisweilen mit bis zum geht-nicht-mehr verschachtelten Sätzen, quälen sich durch hochkompliziertes Vokabular, ärgern sich über aufgebauschte Futilitäten. Nicht so Lex Jacoby’s Schriften: da steht kein Wort zuviel, kein Wort zuwenig. Jacoby ist ein « High-density »-Autor. Fundierte Kenntnis der Sprache, stimmige Wortwahl, feinziselierte Sätze, geschickter Aufbau der Intrige, subtile Pointen, Jacoby-Lesen tut gut. Jacoby’s Ideenfeuerwerk ist ein Spektakel für die Sinne. Da wird man auf eine Reise mitgenommen, eine Reise voll Sensibilität und Zärtlichkeit. Und wird auch die Obrigkeit ab und zu auf den Arm genommen, es geschieht ebenso sanft wie humorvoll, keineswegs grob und böse.

Jacoby’s feine Geschichten sind fast realer als die Realität. Und manchmal weiss man nicht, was subtiler ist: die Zeilen, oder das dazwischen. Vielschichtige Seiten allemal, Worte eines gescheiten und weisen Mannes, der das Lächeln nicht vergisst, auch wenn er einen Finger macht, wohlwissend um die kleinen und grossen Schwächen der Menschen.

Aber der Finger gilt vor allem dem autoritären Gehabe, dem Paragraphenkrieg, der Bürokratie, der Intoleranz, der Wichtigtuerei, der Vereinsmeierei, der Dummheit.
Jacoby’s Kunst kann man nicht hoch genug einschätzen. Für mich ist klar: Lex Jacoby ist einer der bedeutenden Schriftsteller unserer Zeit.

So werden Deine kostbaren Werke, Lex, in unserer neuen Bibliothek nicht fehlen. Und ich denke, Du wirst mit uns dem Projekt viel Erfolg wünschen. Möge unsere Bücherauswahl jüngeren und älteren Lesern viele Kenntnisse bescheren und Erkenntnisse säen… und so ein ganz klein bisschen zu der besseren und klügeren Welt beitragen, die wir so leidenschaftlich wünschen.