Léon Braconnier

Ein Lyzeum im Kanton, natürlich!

Vielleicht ist es das neue Jahrtausend, vielleicht spielte auch das erfolgreiche Leader II Programm Katalysator, es herrscht, so scheint es, Aufbruchstimmung im Kanton Clerf. Wohl selten zuvor wurden so viele Ideen in die Tat umgesetzt, und wohl selten gab es eine solche Menge an Projekten.

Es gilt, in einer Region Akzente zu setzen, die leider allzu oft dem Peloton der Tüchtigen hinterherfuhr. Und obgleich ein Gesamtplan weiter nicht erkennbar ist, entwickelt sich im Kanton eine durchaus bemerkenswerte Eigendynamik. Und das gleich auf mehreren Gebieten.

Im TOURISMUS wird über die traditionellen Lippenbekenntnisse hinaus tatsächlich mit innovativen Ideen geworben. Die angebotenen thematischen Führungen zum Beispiel sind endlich ein Schritt in Richtung von mehr Professionalität. Wenn es gelänge, mit effizienter Werbung, mehr Service und freundlichem Empfang das Potential noch besser auszuschöpfen, brauchte einem nicht bange zu sein. Die phantastische Family of Man ist auf höchstem Weltniveau einzuordnen. Sie allein birgt eine Anziehungskraft, die, wenn auch zur Zeit unzureichend genutzt, einer unserer größten Schätze ist. Der herrliche Golfplatz, das wachsende Angebot der ländlichen Museen, ein modernes Hotelwesen mit verstärktem Wellnessangebot, es braucht wohl all dies, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Im Sektor der LANDWIRTSCHAFT gibt es Bewegung. Klar, der in Luxemburg sakrosankte « Familienbetrieb » hat noch lange nicht ausgedient. Tatsache ist aber, Partnerschaften und Synergien haben Wege eröffnet, die noch vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schienen. Ferien auf dem Bauernhof und Landschaftspflege, natürlich, aber auch innovative Produkte, neuer Vertrieb, Qualität vor Quantität. Der Wink der neuen Zeit ist verstanden worden. Natürlich bleibt der Weg zwischen Rentabilität und Ökoschiene manchmal eine Gratwanderung. Beispiel: der Einsatz von Zugpferden tut sich weiterhin schwer, auch auf Biohöfen. Aber es scheint, dass der Verbraucher sich zunehmend gegen Agrarfabriken und Tierbunker orientiert. Humane Dimensionen der Bauernbetriebe, artgerechte Tierhaltung, das alles klingt sympathischer.

Das Angebot in Sachen KULTUR ist durchaus bemerkenswert. Jahrelange Aufbauarbeit, z.B. durch die kantonale Musikschule, zahlt sich aus. Im Sektor Theater braucht sich unsere Gegend nun wirklich nicht zu verstecken (siehe DCK 2001/1), musikalisch haben Veranstaltungen wie « De klenge Maarnicher Festival » oder unsere « Journées du Chant Grégorien » Vorzeigecharakter. Allerdings: bei so manchen Konzerten (meist in Kirchen) ist der Sitzkomfort derart schlecht, dass die Forderung nach einem geeigneten Konzertsaal im Kanton durchaus legitim erscheint. Zu Recht erwartet das Publikum heutzutage optimale Bedingungen in Sachen Akustik und Komfort; ein Konzertabend soll keiner Bet- und Bußveranstaltung gleichkommen.

Die Landesplanung hat 1999 den Kantonalhauptort zum « Centre Regional » erklärt. Es ist in der Tat überaus wichtig, auf kantonaler Ebene das Spektrum der angebotenen Dienstleistungen zu erweitern. Mit wachsender Bevölkerungszahl steigen die Erwartungen der Bewohner. Umfassender und verbesserter Service in der Region ist gefragt. Vieles hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Früher noch von einem Hauch von Elitärem begleitet, gehört heute ein LYZEUM zur regionalen Grundausstattung. Und von allen Infrastrukturen ist die schulische jene, welche am meisten in Richtung Zukunft zeigt. Über 1000 Kinder aus dem Clerfer Kanton besuchen heute ein Lyzeum. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren rapide anwachsen. So scheint es keineswegs verfrüht, heute ein Konzept zu erstellen. Im Gegenteil. Sollte die Planung jetzt versäumt werden, droht morgen der Engpass. Der Bau eines Lyzeums ist eine logische Etappe auf dem Weg einer Region in die Moderne. Das Parlament hat am 12. Juni 2001 einstimmig (!) eine Motion der Grünen angenommen, welche ein Lyzeum im Kanton Clerf fordert. Das alles klingt vielversprechend.

Klar ist aber auch, dass dieses Projekt den Zusammenhalt aller vitalen Kräfte der Region erfordert, die energische Unterstützung der Abgeordneten, das wohlwollende Verständnis der Regierung. Schon mehrmals (Clerf, Ulflingen) hat der Kanton in Sachen Schulplanung Federn gelassen. Vielleicht ist manchen ein bitterer Nachgeschmack geblieben. Aber es gilt nun, nach vorne zu schauen. Es geht darum, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Und wenn die letzten Jahre etwas gelehrt haben, dann wohl, dass allein die Geschlossenheit unseren Gemeinden etwas wie eine kritische Masse abgeben kann.

Die Zeit für ein Lyzeum ist reif. Das « Regionale Zentrum » darf kein Papiertiger bleiben.

Von den Entscheidungsträgern wird nun erwartet, Klartext zu reden. Hinhaltefloskeln vom Typ « mal sehen » sind nicht erwünscht. Niemand spreche mit gespaltener Zunge. Es gilt, solidarisch Partei zu ergreifen für ein Projekt, das mit seiner geistigen, sozialen und menschlichen Komponente unsere Region in eine neue Dimension tragen wird. Auch die Nachricht, dass das Engeneering der Cleveland endlich zu den Produktionsstätten ziehen wird, scheint zu bestätigen, dass mit dem neuen Jahrtausend eine Zeit der Hoffnung anbricht. Und darauf haben wir lange gewartet.