Jean Jaans

DCK-Generalversammlung

 

« Eist DCK-Haus steet op festem Grond! »

 

 

Freudige Anlässe werden oft durch Tragik und Trauer überschattet: ohnehin wollte unser Präsident Léon Braconnier unserm allzu früh verstorbenen Vorstandsmitglied Raymond Wagner und Dck-Autor Raymond Wagner Dankes- und Gedenkworte widmen, als er am Vorabend der Generalversammlung erfuhr, unser sympathischer und kompetenter Kassenführer Aly Bertemes habe uns für alle Zeiten verlassen.

Trauer also und vielschichtige Gedanken rundum menschliche Vergänglichkeit und notwendigen Generationswechsel, zugleich aber Genugtuung und auch nicht wenig Stolz über 25 Jahre Arbeit und Hartnäckigkeit im Dienste unserer Vereinigung, die konsequent und zielstrebig und bei umsichtigem Umschiffen parteipolitischer Klippen auch erfolgreich schöne Ergebnisse im ihr eigenen « soziokulturellen » Umfeld vorzuzeigen hat, das Gründer René Maertz mit sicheren Pinselstrichen zugleich pessimistisch und zukunftsorientiert definierte.

2004 dürfen wir ein Vierteljahrhundert « De Cliärrwer Kanton » feiern. Wir tun das ohne Anmaßung und erst gar nicht mit Pomp und Gloria, aber durchaus im Bewusstsein, für manche Entscheidungen im Interesse des Kantons Inspirator und Katalysator gewesen zu sein. Der nachfolgende Bericht illustriert ohne Kommentar Vielfalt und Wirkung unserer Aktivitäten.

 

* * *

Vielfach bewährt pünktlich eröffnete Präsident Léon Braconnier die diesjährige Generalversammlung im Clerfer Kulturzentrum. Entschuldigt sind Ministerin Marie-Josée Jacobs, Abgeordneter Camille Gira und Bürgermeister Henri Rinnen. Herzlich begrüßt werden die Abgeordneten Agny Durdu, Georges Wohlfart, Jean-Pierre Koepp, Nico Loes, Emile Calmes und Marco Schank sowie die Bürgermeister Francis Stephany, Emile Eicher und Jacquot Heinen. Die Gegenwart von Ehrengästen erfreut uns umso mehr, weil unsere Vereinigung dieses Jahr 25 Jahre immer noch aktive Existenz feiert. Herzlicher Dank gilt allen, die uns auf einem langen Weg begleitet und unterstützt haben!

Dankbares Gedenken gilt aber auch jenen Freunden, die nicht mehr unter uns weilen. Seit der letzten Generalversammlung haben wir zwei wertvolle Mitarbeiter in Vorstand und Zeitschrift verloren.

 

Und dann kam am Vorabend zur Versammlung die Nachricht, Trésorier Aly Bertemes sei tot. Wir konnten die brutale Tatsache kaum glauben. Aly war 1979 Gründungsmitglied des DCK und während 25 Jahren ebenso gewissenhafter wie zuverlässiger Schatzmeister unserer nicht immer glorreichen Finanzlage. Alle Kassenrevisoren vergangener Jahre können bestätigen, mit welcher Ernsthaftigkeit der Bankexperte Aly Bertemes seine Konten führte. Seit =vielen Jahren verwaltete Aly Bertemes auch unsere Abonnentenkartei – kaum ein Tag verging ohne DCK-Arbeit für ihn.

Er war eine tragende Säule unserer Vereinigung, und dass sein Platz am Abend dieser Generalversammlung unbesetzt blieb, ist schlicht unvorstellbar. Ein aufrichtiges, ein großes und ein letztes Dankeschön Aly für Dein Engagement und Deine Kompetenz von allen Freunden des De Cliärrwer Kantons.

 

Auch das Ableben von Raymond Wagner war für den Vorstand ein harter Schlag. Er war ein sympathischer und herzlicher Mensch und wurde im ganzen Kanton anerkannt und geschätzt. In vielen Bereichen war er unermüdlich tätig und seine Beiträge in unserer Zeitschrift waren immer vorzüglich dokumentiert. Mit Kompetenz und Zivilcourage setzte er sich bei der Fusion von Polizei und Gendarmerie an der Nordspitze für eine zumutbare Lösung ein.

Die archäologischen Arbeiten von Raymond Waringo müssen nicht besonders unterstrichen werden, um als wertvolle Beiträge zur kulturellen Bewusstseinsbildung im Kanton zu gelten. Er sorgte in stiller und beharrlicher Arbeit für die Freilegung von Schätzen Nordöslinger Vergangenheit und mit dem Ende seiner beharrlichen Pionierarbeit stellt sich die Frage nach der Weiterführung. Raymond Waringo war einer der treuesten Mitarbeiter unserer Zeitschrift und die Qualität seiner Beiträge war außerordentlich gut.

Nach Minuten stillen Gedenkens für unsere Verstorbenen meinte Léon Braconnier, seine privilegierten Worte als Präsident seien zwar eine große persönliche Ehre, zugleich aber auch Gelegenheit, Sorgen und Hoffnungen zu formulieren mit Rückblick auf 25 Jahre und Ausblick auf die Zukunft.

Mit unserer Zeitschrift hatte Léon Braconnier 1979/1980 erstmals Kontakt in Merl. Er wohnte damals in der Hauptstadt und fand im Elternhaus eine Zeitschrift, in welcher ein gewisser René Maertz ein relativ schwarzes Bild über die Zukunft im Ösling zeichnete, ein Bild, das den Vorstellungen des Lesers Léon Braconnier gar nicht entsprach, der alle Analysen und Prognosen als negativ und traurig empfand.

Wenig später kam Léon Braconnier 1981 nach Clerf. Michel Wehrhausen meinte sogleich « de Leo, dee kënnt an de Cliärrwer Kanton » und so saß er unvermittelt rundum einen Tisch mit René Maertz und Hansen Emile, Aloyse Nosbusch, Lex Jacoby, Aly Bertemes, Aloyse Konen und Professor Tony Bourg, und äußerst rasch verstand er, in welch dramatischer Lage der Kanton sich damals befand.

Ein regelrechter Exodus kennzeichnete damals die demographisch-wirtschaftliche Lage und insbesondere die Landgemeinden drohten förmlich auszubluten.

Die Lage hat sich seither für den Kanton und unsere Vereinigung ganz bedeutend verändert. Heute piepsen Handys auch in der Clerfer Fußgängerzone, aber dem war nicht immer so:

Als Léon Braconnier seinen früheren Arbeitgeber in der Hauptstadt Ende Oktober 1981 über den geplanten Umzug nach Clerf informierte, bat dieser ihn die Bürotür zu schließen. Und dann meinte er mit ernster Miene, der junge Apotheker solle nicht glauben, die Öslinger lebten noch auf den Bäumen: « Déi Zäit ass eriwwer,

 

déi si scho laang erofgeklomm. »

 

Und ein Nachbar fragte, ob Freund Léon noch in vollem Gebrauch seiner geistiges Kräfte sei: « Hues du se nach all, zu Clierf, do reent et sechs Méint am Joer, an déi aner sechs Méint ass et Wanter, do fällt sou vill Schnéi, dass de d’Hausdir mol nët méi op kriss. »

Léon Braconnier konnte sich im Laufe der Jahre selbst überzeugen, dass es « sou schlëmm » nicht an der Nordspitze ist. Doch konnte er feststellen, dass es damals wie übrigens auch heute und in Zukunft noch Vorurteile über Leben und Menschen im Ösling gibt. Freilich gibt es auch vorgefasste Urteile im Norden über die Hauptstädter und « déi aus dem Minett ». Hier ist nicht zu vergessen, dass die Öslinger während 365 Tagen im Jahr auf das übrige Land « herabblicken » und das hinterlässt nun einmal auch Spuren …

Damals wie heute ging es unserem Verein darum, die Kantonalinteressen zu verteidigen und mitzuhelfen – hauptsächlich auf kultureller Ebene – das Leben im Hochösling lebenswert zu gestalten.

Besonders stolz sind wir auf unsere Zeitschrift mit ihren 25 Jahren, sie ist unsere Hauptaktivität. Auf annähernd 7000 Seiten ist das Ergebnis 25jähriger Arbeit nachzulesen. Unsere Zeitschrift ist heute noch genau so vielseitig und interessant wie vor 25 Jahren. Ausstattung und Layout haben geändert und sind professioneller und moderner geworden. In diesem Sinn gilt Madame Laurence Claude von der Druckerei EXE in Ulflingen ein besonderer Dank für ihr Engagement weit über berufliche Pflicht hinaus. Freund Lex Jacoby und seinem Nachfolger Henri Keup gebührt größte Anerkennung. Die von ihnen geleistete Arbeit ist einzigartig, ohne sie und die Mithilfe von Dutzenden Mitarbeitern wäre unsere Zeitschrift nicht denkbar. Die durch Liebe zum Ösling bedingte Treue zahlreicher Mitarbeiter ist überaus bemerkenswert.

Was bedeuten 25 Jahre DCK? Was bedeutet « De Cliärrwer Kanton » für unsere Abonnenten, für die Leser, für die Region? Eine Pauschalantwort ist nicht leicht zu formulieren, weil mehrere Facetten zu beachten sind. Die einen sehen in unserer Zeitschrift eine Art Almanach, die andern schätzen eine literarisch-kulturelle Publikation, ein Sprachrohr für das Ösling, ein historisches Repertorium, ein Bilderbuch – und so weiter und so fort …

 

Einstimmigkeit herrscht zu einigen Punkten:

 

  1. « De Cliärrwer Kanton » ist für die Einwohner der Region eine Art Illustrierte des Nordöslings mit gesellschaftspolitischen, kulturellen, literarischen und historischen Beiträgen.
  2. « De Cliärrwer Kanton » ist für jene – und ihre Zahl ist groß – die nicht mehr im Kanton wohnen, eine einzigartige Verbindung zur Heimatwelt.
  3. Für Forscher, die Studien über das Ösling verfassen, ist unsere Zeitschrift ein Arbeitsinstrument von unschätzbarem Wert, ein echter Dokumentarschatz.
  4. Für die politischen « Akteure » ist unsere Vereinigung Wortführer einer Region, deren Interessen dem Vorstand immer am Herzen lagen.

Recht zahlreiche Bürger/Innen kennen den außergewöhnlichen Wert unserer Vereinszeitschrift und wir wissen das ja auch. Unsere letzte Sondernummer über die Kapellen im Kanton war in jeder Beziehung eine Veröffentlichung von bleibendem Wert, viel mehr als Inventar, von literarischen und historischen Gesichtspunkt aus betrachtet ein kleines Meisterwerk.

Alle Regierungsmitglieder erhalten seit vielen Jahren unsere Zeitschrift kostenlos. Bisher gab es allerdings noch nie einen Kommentar, weder ein Lob noch eine Kritik, Jemand meinte, die Minister bekämen « De Cliärrwer Kanton » überhaupt nicht, das zugeschickte Exemplar bleibe irgendwo auf einem Tisch oder in einer Schublade liegen. Dem mag vielleicht so sein, dann verfügen wir jedenfalls in allen Ministerien über einen stillen Botschafter. Und gleichwohl wissen wir – aus verschiedenen Parlamentsdiskussionen war das herauszuhören – dass der eine oder andere Minister oder Abgeordnete in unserer Zeitschrift nachgeblättert hat …Wenn man dem « Cliärrwer Kanton » nachsagt, er sei mit einem « Porte-parole » zu vergleichen, ist eine Präzision angebracht:

Klar ist und bleibt, dass unsere Vereinigung kein politisches Mandat hat. Das ist gut so – und trotzdem wurde oft auf ihre Stimme gehört. Wie erklärt sich diese Tatsache?

Die Glaubwürdigkeit unserer Mitarbeiter ist hier an erster Stelle zu erwähnen. Die intellektuelle Integrität von Persönlichkeiten wie Tony Bourg und Lex Jacoby wurde nie angezweifelt, die Argumente von René Maertz waren präzis und prägnant, auch wenn sie oft aus spitzer Feder stammten. Lange Zeit vor dem interkommunalen Syndikat war « De Cliärrwer Kanton » so etwas wie eine Lobby für die Region.

 

Die Kredibilität unserer Vereinigung

 

erklärt sich aber auch aus politischer Neutralität und fairer Argumentation.

Das große Verdienst des DCK besteht in geleisteter Pionierarbeit, wie unser Mitarbeiter André Bauler im RTL-Interview erklärte. Unsere Vereinigung war ihrer Zeit voraus. Wir haben eine regelrechte Evolution eingeleitet, und wir haben bei wichtigen Problemen unsere Meinung geäußert. Beim Bau der Nordstraße war « De Cliärrwer Kanton » maßgeblich beteiligt, als Polizei und Gendarmerie fusionierten, hielten wir nicht mit unserer Meinung hinter dem Berg, und gegenwärtig unterstreichen wir bei der Diskussion rundum ein Lyzeum im Kanton die Bedeutung des Problems.

Die Eröffnung einer regionalen Bibliothek in Ulflingen war ein großer Erfolg. Selbst wenn einige Kulturpessimisten das Vorhaben in Zweifel stellten, behält das Buch seinen unschätzbaren Wert.

Seit 1997 sind die « Journées du Chant Grégorien » nicht mehr aus den DCK-Aktivitäten wegzudenken. Diese Veranstaltung hatte in Zusammenarbeit mit der Abtei gleich von Anfang an einen Riesenerfolg. Für die Dauer eines Monats ist Clerf ein Zentrum für gregorianischen Gesang, das allmählich auch internationales Echo findet – für die Regio0n natürlich nur günstig. Wir sehen hier ein prägnantes Beispiel für folgerichtige Auswertung eines regionalen Vorteils. Durch die Präsenz der Abtei, infolge von Kompetenz und Mitarbeit der Patres, durch freiwillige Mithilfe bei der Organisation, aber auch unter Mithilfe des Staates – insbesondere der « Animation Culturelle Régionale » – sowie von Gemeinde und Region haben wir eine im Großherzogtum einzigartige Veranstaltung geschaffen. Als positive Folgen sieht der Redner eine bessere Integration der Abtei in die Region, Erhalten und Fördern des gregorianischen Gesangs und die Möglichkeit, die Schönheit unserer Gegend besser bekannt zu machen. Und nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass Jahr um Jahr 1000 Zuhörern die Gelegenheit geboten wird, eine Wurzel europäischer Musik in Stille und Abgeschiedenheit zu entdecken und neu zu erleben.

Léon Braconnier nutzte die Gelegenheit seiner traditionellen Ansprache zu einem

 

Ausblick in die Zukunft mit Hoffnung und Sorgen

 

und meinte optimistisch, es werde auch weiterhin gelingen, das menschliche und natürliche Potential der Region möglichst effizient einzusetzen. Zahlenmäßig und strukturell befindet die Bevölkerung im Kanton sich in positiver Entwicklung mit augenfälligen Folgen im Wohnbausektor. Auch die Zahl der Arbeitsplätze nimmt zu, selbst wenn die Pendler immer noch die Mehrheit bilden.

Als große Veränderung im Kanton erwähnt der Präsident Zusammenarbeit und Gemeinschaftsgefühl:

Zunächst Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene, wo durch verstärktes gemeinsames Planen und Vorgehen vieles bewirkt wurde. Unser Gemeindesyndikat SICLER ist ein Musterbeispiel – hier wurde ein Instrument geschaffen, das landesweit Denkanstöße geben kann.

Aber auch das Gefühl für den Einzelbürger, Teil eines regionalen Zusammenlebens zu sein, und zwar über die Grenzen hinaus bis zum allmählich greifbaren Europa der Regionen. Die Zusammenarbeit im Kulturbereich ist besonders erfolgreich, hier denkt man vorrangig an die Tätigkeit von « Islek ohne Grenzen ».

Es geht darum, den Bewohnern der Nordspitze gleichwertige Lebensbedingungen zu sichern, sie für das zu entschädigen, was ihnen entgeht, weil sie manche Kultur- und Sport-Infrastrukturen nicht nutzen können. Die Schönheit unserer Landschaft ist ein gewichtiger Trumpf, den es zu erhalten gilt. Freilich bedeuten mehr Einwohner auch mehr Verkehr, mehr Transport und Lastwagen und Lärm. Das bedeutet eine Herausforderung für jene, die den Straßenverkehr planen und regeln.

Die Nordstrooss befindet sich in der Bauphase, immer noch, und wir sind guter Hoffnung, dass die verschiedenen Landesteile näher zusammenrücken. Die eigentliche Nordstraße N7 ist mit ihrer Dreispurigkeit nicht mehr zeitgemäß. Immer mehr Verkehrsteilnehmer beklagen sich, dass sie ab und zu zehn Minuten hinter einem Traktor oder einem Wohnwagen zuckeln müssen. Über dieses Problem sollte ernsthaft nachgedacht werden!

In diesem Sinn sind

 

die rezenten Anstrengungen für konkrete Landesplanung

 

zu begrüßen. Auch wenn Skeptiker behaupten, im IVL-Vorhaben sei nicht viel Neues zu entdecken, ist nunmehr zumindest eine Grundlage vorhanden für Diskussionen und Entscheidungen. Manche Entwicklungen im Straßenverkehr und in der Siedlungspolitik sind ohne Gesamtplan kaum vernünftig zu steuern.

Das künftige Internetportal des nationalen Fremdenverkehrsamtes ONT verleiht dem Tourismus ganz sicher neuen Auftrieb, hier besteht noch Entwicklungspotential in der Region, vorausgesetzt wir setzen auf solide Infrastrukturen und durchdachte Konzepte statt auf billigen Aktivismus. Halli-Hallo-Tage und Trallala verbessern unser Image nicht!

Auch kleine Maßnahmen könnten hierzulande große Wirkung zeigen. Léon Braconnier denkt beispielsweise an zahlreiche schöne Kirchen, die immer zugesperrt sind. Was für ein herrlicher Anziehungspunkt wäre die Loreto-Kapelle, wenn man wenigstens während der Saison einen Blick in ihr Inneres werfen könnte …

Die kantonale Musikschule und der « Natur- a Vulleschutz Kanton Clierf » üben fundierte und nachhaltige Tätigkeiten aus. Hier wird beispielhafte Arbeit geleistet im Dienst von Kultur und Natur.

Auch die erwogenen oder bereits fest geplanten Gemeindefusionen sind Schritte in die gute Richtung. SICLER hat bewiesen, wie wichtig und erfolgreich regionale Zusammenarbeit sein kann.

Der Redner hat in den vergangenen Jahren immer wieder die von Dummheit und Fanatismus ausgehenden Gefahren unterstrichen. In diesem Sinn war die Aufnahme der Ausstellung « Family of Man » durch die UNESCO in die Liste des kulturellen Erbes der Menschheit eine gute Nachricht. Die Ausstellung ist überaus wertvoll einzustufen, man sollte nur überlegen, wie ihr Potential besser eingesetzt werden kann. Léon Braconnier hat immer diesbezüglich Zweifel zum Ausdruck gebracht, und zwar ehrlich und ohne Umschweife. Deshalb wirkt es befremdlich, wenn mancherorts behauptet wird, unsere Vereinigung falle der Ausstellung oder einigen Verantwortlichen « in den Rücken ».

Hier besteht Anlass zu einer Bemerkung: Es muss in unserem Land noch möglich sein, kritische Gedanken zu äußern, selbst wenn Wahlen vor der Tür stehen. « De Cliärrwer Kanton » war in der Vergangenheit nicht immer ein bequemer Dialogpartner. Wir haben unsere Meinung gesagt und wussten haargenau, dass wir damit nicht jedermann eitel Freude bereiteten. Aber unsere kritischen Vorschläge waren immer von konstruktivem Geist getragen, wir wollten niemanden verletzen. Aus dem Zusammenprall der Meinungen entsteht Licht – versuchen wir also « hell » zu werden. Niemand kann dem DCK vorwerfen, auf irgendeine Weise Profit oder Profil gesucht zu haben. Im Vorstand hat niemand seinen Posten missbraucht, es ging uns allen ausschließlich nur um das gemeinsame Anliegen!

Zurück zu « Family of Man »:

Die Ausstellung hat nunmehr von einer Weltorganisation verdiente Anerkennung bekommen. Diese Tatsache sollte uns anregen, das gesamte Clerfer Konzept zu überdenken, von der Werbung her bis zu Darstellung und Rahmenprogramm. Das Personal wird mit dem Eintrittserlös der Ausstellung entschädigt – eine Frage unter vielen, die es zu überdenken gibt.

 

In den achtziger Jahren

 

sprach René Maertz von « Désertification intellectuelle » im Ösling und er meinte damit, ein Teil der besten Köpfe wandere ab, womit die Nordspitze viel an Humankapital verliere. Das ist heute sicher nicht mehr derart dramatisch. Und trotzdem: betrachtet man die so genannten « Forces vives » entdeckt man Nachwuchssorgen. Sucht eine Vereinigung Mitarbeiter – wohlverstanden auf freiwilliger Grundlage – melden sich kaum Bewerber.

In zahlreichen Vereinigungen und Gemeinden finden wir immer die gleichen Namen und zuweilen blickt man nicht mehr klar durch, wie manche Strukturen in der Region ineinander verwoben sind. Das ist nicht ungefährlich, denn aus Verflechtungen entstehen unter Umständen Verfilzungen und das kann doch kein erstrebenswertes Ziel sein.

Zuweilen sind Ideen und Initiativen zwar gut gemeint, aber sie werden schlecht verkauft: Beispiel: Der « Naturpark Our » gibt zusammen mit Leader eine relativ aufwendige Zeitschrift heraus, d’ « geLeader’s » und « Naturpark Our-Info ». Leader hat uns in der Vergangenheit viel gebracht du auch heute noch arbeitet unsere Vereinigung durch Adrien Wouters mit. Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, in welchem Maß es Leader in der Vergangenheit gelungen ist, sich bei den Leuten bekannt und verständlich zu machen. Der Redner weiß nicht, wie viele Personen die gemeinsame Zeitung lesen, aber er fragt sich, wie viele Leser verstehen, um was es geht. Was bedeutet zum Beispiel eine « NT Region »? Und was will der folgende Text vermitteln: « Le groupe d’action local Clervaux-Vianden a décidé dans sa réunion de réorganiser le GT Infrastructures en un nouveau CT : SIG. En collaboration avec le SICLER et le SIVOUR et les responsables communaux, le bureau Leader est en train d’élaborer un SIG régional. » Sind hier Fragezeichen erlaubt ?

Auch die benutzte Logo-Anzahl lässt Übersicht vermissen. In der Zusammenarbeit geLeader’s, Naturpark Our-Info sind nicht weniger als 17 Logos zu entdecken, es geht die Rede von Ourdall Bibliothéik Vianden, von einer Biona asbl, von Biobauern aus den Naturparks Our und Obersauer, von Biodiversitätsprogrammen und einem Ecolabel Lëtzebuerg, von Demeter, von Bauremaart um Cornelyshaff, von Green Travel market, von ECEAT (im Klartext European Center for Ego Agro Tourism) von Tripticon, Carrefour rural, Islek ohne Grenzen und so weiter und so fort. Ist hier nicht eine Eigendynamik für Spezialisten entstanden, bei welcher der normale Bürger einfach nichts mehr versteht?

« De Cliärrwer Kanton » ist ein Verein für das kulturelle Leben. Im Kulturbereich können wir vielleicht einige Sorgen zum Ausdruck bringen. Etwa die Sorge um unsere Sprache. Die Besorgnis ist begründet, denn man braucht nur « luxemburgisches » Radio einzuschalten oder das parallele Fernsehangebot. Über ein teilweise schwaches Niveau hinaus wird unsere Sprache derart verdeutscht, dass man nur staunen kann. Der Präsident hat in den vergangenen Jahren bereits prägnante beispiele gegeben, doch ist dem Massaker offenbar kein Ende zu setzen. Dabei tragen nicht nur die Journalisten Verantwortung, sondern durchaus auch die Interviewpartner. Ein Spitzenpoliker, der im Fernsehen « ansonsten » für « soss » sagt, gibt damit kein leuchtendes Beispiel für gute Sprachpflege. Regelrechter Quatsch wird verzapft, wenn regelmäßig von « Lübien » die Rede geht: Selbst wenn man als guter Luxemburger glaubt, ein Ypsilon als « ü » lesen zu müssen wird « Libyen » vorne immer noch mit einem normalen « i » geschrieben und hinten mit « y », so dass normalerweise « Libüen » herauskommen müsste …

Spaß beiseite:

 

Für den Zusammenhalt des Luxemburger Volkes

 

ist unsere Sprache ein wichtiges Element; wir sollten sie in Ehren halten!

Sorge auf anderer Ebene, dass wir in Luxemburg Investitionen auf gerechte Art verteilen. es ist normal, dass in der Hauptstadt große Projekte verwirklicht werden, das ist nicht zuletzt auch eine Frage von internationalem Prestige. Dem aufmerksamen Betrachter fällt jedoch auf, dass große Vorhaben in anderen Regionen oft reibungsloser verwirklicht werden als kleinere Projekte im Ösling.

Das gilt gegenwärtig auch für den von uns geforderten Bau eines Lyzeums im Kanton. Da wir im Zeitalter informatisierter Statistik leben, müsste es doch möglich sein, eine gültige Voraussage zur künftigen Schüleranzahl eines Lyzeums zu machen. In der letzten Nummer unserer Zeitschrift fand der Leser diesbezüglich interessante Zahlen: In acht Schuljahren (zwei Jahre Vorschule und sechs Jahre Primärschule) befinden sich 1735 Kinder, womit die « Lebensfähigkeit » eines Lyzeums deutlich bewiesen wird. Berücksichtigt man die Tatsache, dass die Verwirklichung eines derartigen Bauvorhabens nahezu zehn Jahre beansprucht, stellt sich mit Nachdruck die Frage, weshalb dieses Projekt noch nicht als « prioritär » eingestuft ist. Im Parlament wurde verschiedentlich auf das Lyzeumproblem an der Nordspitze hingewiesen, wobei die Abgeordnete Agny Durdu sich regelmäßig ganz konkret für ein Lyzeum in Clerf einsetzte. Kollege Ben Fayot griff die von Experten formulierte Feststellung von einem « Vide scolaire » im Nordösling auf. Schlussfolgerung von Léon Braconnier: « Packen wir’s an. Wir setzen den Bau eines Lyzeums heute Abend an erste Stelle unserer Forderungen. Die Forderung ist vernünftig und legitim, weshalb wir uns mit aller Entschlossenheit für ihre Erfüllung einsetzen! »

« De Cliärrwer Kanton » ist mit seinen Aktivitäten ein kultureller Verein, der sich nicht in falscher Bescheidenheit üben muss. Kultur ist in unserer Welt vielleicht die einzige Möglichkeit, um langsam aber sicher eine bessere Welt aufzubauen. Im Augenblick besteht leider keine Berechtigung zu Euphorie, aber gerade deshalb sollten wir nicht aufgeben. Auch in unserer Region besteht Grund zu Aufmerksamkeit, denn nicht alles, was unter « Kultur » angeboten wird, enthält auch kulturell Wertvolles. In diesem Zusammenhang kann beispielsweise des Phänomen selbsternannter Titelschwindler bis hin zum « Doktor » sehr nachdenklich stimmen. In der Region bemüht jemand sich, Parallel-Medizin anzubieten, und zwar ohne erforderliche Ausbildung und Ermächtigung. Wer sich in einem Nachbardorf von Clerf als « Doktor » ausgibt, müsste wissen, dass dies in Luxemburg als « Doktor der Medizin » verstanden wird. Ein Doktor der Philosophie trägt den Doktortitel, ist jedoch kein Doktor im Sinn wie das hier verstanden wird. Wenn dieser Doktor in zweifelhaften Werbeanzeigen behauptet, er könne durch Hypnose Brusterweiterung erwirken, muss jedermann entscheiden, was davon zu halten ist …

 

Nach 25 Jahren « De Cliärrwer Kanton »

 

verbleibt dem Verein die angenehme Pflicht zu herzlichem Dankeschön. Der Dank kommt von Herzen und geht an alle, die uns in irgendeiner Weise geholfen und ermuntert haben. Diese Hilfe hat uns Energie zu immer neuen Tätigkeiten gegeben. Dem Kulturministerium, der « Animation culturelle régionale », den Gemeinden, dem SICLER gilt unser Dank. SICLER hat uns 1992 aus einer Notlage herausgeholfen, die durch finanzielle Schwierigkeiten im Gefolge der großen Ausstellung « De Cliärrwer Kanton, e schéint Stéck Lëtzebuerg » entstanden war.

Den Norddeputierten sei gesagt, dass wir alle ihre Anstrengungen für besseres Leben im Ösling mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Ihre Gegenwart bei unseren Versammlungen und Veranstaltungen ehrt und erfreut uns, genau so wie die Sympathie zahlreicher Bürgermeister, Schöffen und Gemeinderäte.

Das Geheimnis einer positiven Zukunft im Ösling ist einfach: das Gleichgewicht zwischen Arbeiten, Wohnen, Reisen und Freizeit muss stimmen.

Léon Braconnier schloss seine Ausführungen ab mit einem persönlichen Dankwort an die Kolleginnen und Kollegen im Vorstand für Einsatz und Freundschaft. Gleichzeitig erinnerte er an ein Wort von Lex Jacoby vor 15 Jahren, laut welchem ein Haus gebaut wird mit Steinen, aber auch mit weniger festem Material, um die Steine zusammenzuhalten. Unser DCK-Haus ist aus beiden Elementen gebaut und steht auf festem Grund: « Vläicht ass dat de wichtegste Message vun dësem Owend. »

 

Der Tätigkeitsbericht von Sekretärin Malou Wagner

 

war gewohnt genau und übersichtlich und wurde von der Versammlung beifällig bewertet:

Das Jahr 2003 begann traditionnell mit einer Kunstausstellung unter Beteiligung der jungen Künstlerinnen Britt Bernard, Patrice Parisotto und Patty Thielen. Bei großem Publikumserfolg war der Erlös recht befriedigend.

Die Generalversammlung schloss mit angeregten Diskussionen ab.

In Zusammenarbeit mit der Ulflinger Kulturkommission fand am 19. September ein Leseabend mit dem Journalist und Schriftsteller Michel Raus statt.

Die siebten « Journées du Chant Grégorien » begannen am 9. Oktober mit einem Vortrag von Père Abbé Jorrot; am 25. Oktober hielt Jean-Pierre Noiseux ebenfalls einen Vortrag.

Die drei angekündigten Konzerte fanden statt:

  • am 12. Oktober: Ensemble Psallentes, Belgien
  • am 19. Oktober: Schola der Clerfer Abtei
  • am 26. Oktober: Schola Saint Grégoire, Montréal.

Auch im Vorjahr waren die Konzerte außerordentlich gut besucht – man kann schon von einer fest verwurzelten Tradition sprechen.

Vom 24. bis 26. Oktober wurde in der Abtei eine Stageperiode über gregorianischen Gesang durchgeführt; das Interesse war derart groß, dass Interessenten abgewiesen werden mussten.

Im Herbst kontaktierte « Nordlicht TV » unseren Vorstand mit dem erfreulichen Ergebnis einer objektiven Reportage. Auch in Zukunft wird « Nordlicht TV » über unsere Vereinigung berichten.

Der Jahreskranz wurde abgeschlossen mit der beliebten Weihnachtsausstellung mit Werken der belgischen Künstler André Paquet (Gemälde) und Willy Dory (Skulpturen).

Die Veröffentlichung unserer Zeitschrift beansprucht viel Energie und Geld. Seit acht Jahren veröffentlichen wir zusätzlich zu drei « normalen » Heften eine Sondernummer. 2003 trug sie den Titel: Marie, Antoine, Donatien et les autres … und war den Kapellen im Kanton gewidmet. Dank der Fleißarbeit von Redaktion, Photographen und Mitarbeitern entstand eine schöne Publikation, die über die Grenzen hinaus viel beachtet wurde.

Die seit vier Jahren funktionierende « Bibliothek Tony Bourg » hat sich auch im Berichtsjahr gut weiter entwickelt, indem die Zahl der Abonnenten nunmehr fast 300 erreicht, insbesondere in Form von Familienabonnements. Die Leserschaft ist über den gesamten Kanton verteilt und begreift sowohl Erwachsene wie Kinder. 2003 wurden annähernd 6000 Bücher ausgeliehen, womit das Interesse an diesem sinnvollen Freizeitangebot wohl deutlich unterstrichen wird.

Der Vorstand hielt im vergangenen Jahr fünf Sitzungen ab; das Redaktionskomitee tagte in fünf Arbeitssitzungen.

Die Sekretärin schloss ihren ausführlichen Bericht ab mit der Ankündigung interessanter Veranstaltungen im laufenden Jahr:

  • Die achten « Journées du Chant Grégorien » sind traditionsgemäß für den Monat Oktober geplant :
  • Beginn einer Konferenz von Pater Abt am Mittwoch 6. Oktober. Die Konzerte finden statt am 10. Oktober (Coro Gregoriano, Lissabon) , am 17. Oktober (Schola der Clerfer Abtei) und am 24. Oktober – aktuell infolge der EU-Erweiterung – « Vox Clamantis » aus Estland.
  • Die Weihnachtsausstellung wird am 26. Dezember mit Werken der Künstlerin Andrée Schwabe eröffnet.

Erwähnen wir noch, dass die Finanzlage unserer Vereinigung aus bekannt tragischem Grund nicht in Einzelheiten erörtert werden konnte. Freund Adrien Wouters hat sich inzwischen bereit erklärt, die verantwortungsvolle Arbeit des leider verstorbenen Kassierers Aly Bertemes weiterzuführen.

Die harmonisch verlaufene Versammlung schloss mit einer lebhaften Diskussion zu aktuellen Problemen, die mit unserer Forderung nach einem Lyzeum im Kanton im Vordergrund. Der Clerfer Bürgermeister Francis Stephany äußerte sich belobigend über die gute Zusammenarbeit der Gemeinden im Kanton und wünschte unserer Vereinigung weiterhin Erfolg, bevor er zum Ehrenwein einlud.