André Bauler

Horizont 2025

Vor fast 30 Jahren, im Jahre 1989, als Luxemburg den 150. Gedenktag seiner Unabhängigkeit feierte, erschien ein beachtenswertes Buch mit dem Titel « Liewen am Éislek ». Renommierte Fotografen veröffentlichten in diesem Werk Stimmungsbilder in Schwarz-Weiß aus der Nordspitze unseres Landes.

Diese Fotografien vermittelten einen Einblick in das gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben der Kantone Clerf und Wiltz. Sie zeigten aber nicht nur stimmungsvolle Landschaften und idyllische Dorfszenen. Sie wiesen auch auf den wirtschaftlichen Niedergang der Region in den 1980er-Jahren hin und zeugten gleichzeitig von sozialen Problemen.

Kritiker meinten, das Buch zeichne eher ein düsteres Bild der luxemburgischen Ardennen. Andere wiederum betonten, diese Bilder seien eine ehrliche Momentaufnahme einer Region im Wandel. Sie forderten den Betrachter dazu auf, sich den Fragen über die Zukunft der Öslinger Gemeinden und ihrer Einwohner zu stellen.

Triste Stimmung vor 30 Jahren

Damals musste sich das Nordösling verstärkt mit dem Thema Landflucht auseinandersetzen. Viele junge Menschen verließen ihre Heimatdörfer, um sich anderswo – vornehmlich im Zentrum des Großherzogtums – eine neue Existenz aufzubauen. Diese Migration gen Süden schwächte den Kanton Clerf auf demografischer Ebene ungemein und forderte die Kommunalpolitiker heraus, Initiativen zu ergreifen, um diesem Trend entgegenzusteuern.

Glücklicherweise wurde der Negativtrend zu Beginn der neunziger Jahre umgekehrt. Treu dem Motto « Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott ! » erkannten die Verantwortlichen, dass man nur dann auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft zusteuert, wenn die regionale Zusammenarbeit vor lokales Kirchturmdenken gestellt wird. Die Gründung des interkommunalen Syndikates SICLER war zweifelsohne eine der Voraussetzungen, die Negativspirale zu stoppen, ja umzukehren.

Auch das Zentrum für Ökologie, Sport, Tourismus, Kultur und Jugend in der Gemeinde Parc Hosingen (SISPOLO) ist eine Erfolgsgeschichte. Solche Beispiele gibt es mittlerweile viele in der Region, nicht nur auf ökonomischer Ebene; auch auf sozialem Terrain. Man denke, um nur einige Beispiele zu nennen, an das « Éisleker Heem » und an den « Lëlljer Gaart » in der Gemeinde Wintger, die behinderten Mitmenschen eine sinnstiftende Beschäftigung anbieten. Oder an die soziale Dienststelle „Resonord“, die sich den materiellen Nöten hilfsbedürftiger Menschen annimmt, bzw. an zeitgemäße Strukturen im Seniorenbereich.

Lob der interkommunalen Zusammenarbeit

Die wirtschaftliche Entwicklung seit 2000 zeugt davon, dass sich die Förderung interkommunaler Kooperationsformeln mehr als gelohnt hat. Sowohl die Zahl der Einwohner als auch die der Arbeitsplätze stiegen binnen einem Vierteljahrhundert spürbar an. Einerseits erklärt sich dieser Aufwärtstrend ganz klar durch das solidarische Verhalten der Kommunal- und Regionalpolitiker aller politischen Färbungen. Andererseits darf man aber auch nicht die Benediktinerarbeit und das resolute Engagement kultureller Akteure aus den Augen verlieren, etwa des « Klenge Maarnicher
Festivals », dessen Organisatoren, zusammen mit den politischen Vertretern der ehemaligen Gemeinde Munshausen, an der Wiege des heutigen Kulturzentrums CUBE 521 standen.

Auch das Lyzeum ist das Resultat beharrlicher Bemühungen und unermüdlicher Wiederholungen verschiedener Akteure aus dem Kanton, z.B. der Initiative « Ee Lycée fir de Cliärrwer Kanton ». Dieser gelang es 2007 im Rahmen einer Petition, über 4.000 Unterschriften für eine zusätzliche Sekundarschule im Norden des Landes zu sammeln und damit dem Wunsch der Bevölkerung nach einer eigenständigen, innovationsfreudigen und nahe dem Wohnort der jungen Menschen gelegenen Schule bei den staatlichen Autoritäten Gehör zu verschaffen.

Diese strukturellen Veränderungen wären ohne den Einsatz der Politik, investitionsfreudiger Unternehmer sowie vieler Menschen aus der Zivilgesellschaft undenkbar gewesen. Immer wieder braucht es also Bürger, die sich in unterschiedlichen Funktionen und Verantwortungen für bestimmte Projekte (ehrenamtlich) engagieren und diese zu einem guten Ende führen.

Zukunftsperspektiven und Herausforderungen

Vieles wurde in der Tat geleistet und erreicht. Denken wir nur an unsere Bibliothek in Ulflingen, die unter dem Impuls der damaligen Gemeindeführung eingerichtet wurde und jährlich über 5.000 Bücher ausleiht. Oder an Akzente und Dienstleistungen in der Landwirtschaft, die nur durch Kooperation erzielt werden konnten.

Nach fast dreißig Jahren dürfen wir deshalb mit Freude und Zufriedenheit auf das Erreichte zurückschauen. Gleichzeitig müssen wir uns aber auch den Zukunftsfragen stellen.

Wir wollen dies im Herbst im Rahmen unserer diesjährigen Sondernummer tun. In diesem Kontext stellen sich etliche Fragen: Wie lässt es sich derzeit im Kanton Clerf leben? Welches sind die Stärken der Region? Wo liegen ihre Schwächen? Und wie steht es um den sozialen Zusammenhalt oder um die medizinische Versorgung an Wochenenden und während der Nacht?

Was belebt unsere Dörfer? Wer spielt dabei eine wesentliche Rolle? Was können unsere Vereine in Zukunft noch leisten? Wie steht es um das ehrenamtliche Engagement?

Wie sollen sich unsere Ortschaften urbanistisch und architektonisch entfalten? In welchem Maß lässt sich die regionale und lokale Wirtschaft stärker diversifizieren? Wie steht es also um die wirtschaftliche Attraktivität des Kantons? Welche Betriebe fehlen, z.B. in der so genannten Kreativwirtschaft? Und welche Firmen sollten eher nicht (mehr) angesiedelt werden? Wie können die treibenden Kräfte des Kantons noch besser zusammenarbeiten? Wie kann man die kleinen Ortszentren, wie Clerf, Hosingen und Ulflingen anziehender gestalten und aus sozio-ökonomischer Sicht neu beleben?

Ihre Meinung ist gefragt

In anderen Worten : Wie soll der Kanton Clerf also in 2025 aussehen? Welche Ziele sollten spätestens bis 2030 erreicht sein?

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, uns ihre Vorstellungen oder Vorschläge in prägnanten Worten und übersichtlichen Zeilen unterbreiten könnten. So können Sie dazu beitragen, das zukünftige Bild des Kantons zu zeichnen.

Zögern Sie also nicht uns zu schreiben! Über die E-Mail Adresse mail@dck.lu nehmen wir Ihre Kurzbeiträge bis zum 1. Juni 2018 gerne an.

Wir werden alle konstruktiven Meinungen, Anregungen und Ideen nicht nur drucken, sondern diese auch an die verantwortlichen Entscheidungsträger in der Region und darüber hinaus weiterreichen. Im Voraus sei Ihnen dafür herzlich gedankt.