André Bauler

Die Ardennen – eine schützenswerte und traditionsreiche Kulturlandschaft

Vor 20 Jahren wurde die Landschaftskonvention des Europarates in Florenz unterzeichnet. Ziel war und ist es, historische Kulturlandschaften zu schützen. Diese Konvention beruht auf einem ganzheitlichen Landschaftsverständnis. Dabei geht es nicht nur um ansehnliche oder geschützte Landstriche. Das Landschaftsabkommen betont allgemein die Wichtigkeit der Landschaft für die Bewahrung des abwechslungsreichen kulturellen und natürlichen Erbes des europäischen Kontinents.

Auch das Ösling ist reich an reizvollen Landschaften und geschichtsträchtigen Denkmälern. Sie gehören zu den natürlichen und ästhetischen Trümpfen der Region. Sie machen die touristische Attraktivität unserer Ardennen aus und tragen dazu bei, dass sich die Menschen, sowohl Reisende als auch Einheimische, hier wohlfühlen und erholen können.

Im Masterplan des Office régional du tourisme wird die Kulturlandschaft des Eislek als „Balsam für die Seele » bezeichnet. Eine vielleicht etwas pathetische Formulierung. Und doch: Einige Landstriche des Nordens zeichnen sich durch ihre Unberührtheit aus. Sie sollen auch in Zukunft der Forst- und Landwirtschaft sowie dem Naturschutz vorbehalten werden. Die beiden Naturparks Our und Obersauer spielen hierbei eine bedeutungsvolle Rolle.

Landschaftsschutz steht nicht unbedingt im Widerspruch zu wirtschaftlicher Entwicklung. Es ist uns als Vereinigung De Cliärrwer Kanton auf jeden Fall sehr daran gelegen, dass das ökonomische Geflecht des Öslings weiter diversifiziert und modernisiert wird.

Wirtschaftliche Diversifizierung reimt auch auf Kreativwirtschaft und Kunsthandwerk sowie auf Digitalisierung und Innovation. Der Staat kann dabei mit gutem Beispiel vorangehen – eine Vorreiterrolle in Sachen wirtschaftliche Belebung spielen, indem die politisch Verantwortlichen öffentliche Dienstleistungen in den Norden verlegen, sprich dezentralisieren.

Ökonomische Aktivitäten sollen aber im Einklang mit dem über die Jahrhunderte von Menschenhand geformten Landschaftsbild stehen. Das neue Landesplanungsgesetz muss dieser Notwendigkeit Rechnung tragen und unterschiedliche Interessen miteinander versöhnen. Bleibt nur zu hoffen, dass keine weiteren Windmühlen in die Nähe historischer oder schützenswerter Standorte errichtet werden – wie z.B. nahe Schloss Bourscheid oder in die Nähe des schon von Victor Hugo beschriebenen Bierdener Hals –, die wir doch so gerne in unseren Hochglanzbroschüren vermarkten. Auf Grund des Klimawandels ist der Ausbau alternativer Energiequellen sicherlich unentbehrlich. Doch sollten wir tunlichst darauf achten, eine „Verspargelung“ unserer Kulturlandschaft zu vermeiden. Landschaftsschutz ist auch Denkmal- und Naturschutz.

Reden wir von Landschaftsschutz, kommen wir auch nicht am Thema Denkmalschutz vorbei. Alte Schlösser, imposante Gehöfte, gotische Kirchen oder heimelige Dörfer stehen heute noch immer ganz oben auf der Hitliste touristischer Anziehungspunkte.

Bei Reisen ins nahe oder ferne Ausland erfreuen sich so manche Zeitgenossen an der historischen Bausubstanz, die sie dort besuchen und bestaunen dürfen.

Das, was in anderen Ländern gepflegt und geschützt wird, was dort zur architektonischen Eigenart gehört, riskiert in Luxemburg allzu oft der Abrissbirne zum Opfer zu fallen.
Nun geht es beileibe nicht darum, jede x-beliebige Bruchbude erhalten zu wollen, wie Kritiker den Protagonisten des Denkmalschutzes regelmäßig vorwerfen. Nein, es geht schlicht und einfach darum, zu erhalten, was erhaltenswert ist. Und deshalb brauchen wir eindeutige, gesetzlich verankerte und unanfechtbare Kriterien, die das Wesen des Denkmalschutzes definieren – und notfalls vor Gericht eingeklagt werden können.

In der Tat, in Sachen Denkmalschutz kann Luxemburg wesentliche Fortschritte aufzeigen. So ratifizierte unser Parlament in der letzten Legislaturperiode drei Konventionen des Europarates über die Bewahrung des architektonischen, des archäologischen und des audiovisuellen Erbes.

Auch die Ausarbeitung eines neuen Denkmalschutzgesetzes war nicht nur eine dem heutigen Zeitgeist geschuldete Forderung. Sie war vor allem eine unumgängliche Notwendigkeit, um ein für alle Mal klare Verhältnisse zu schaffen. Denn das neue Gesetz, das noch im Parlament kritisch analysiert werden muss, bevor es zur Abstimmung gelangen kann, postuliert vor allem Rechtsschutz und Transparenz.

In der Tat: Die betroffenen Bürger benötigen eine stärkere Rechtssicherheit in Sachen Denkmalschutz. Deshalb müssen die Arbeiten an den wissenschaftlichen Denkmalinventaren fertiggestellt werden. Wir brauchen also eine vollständige nationale Schutzliste, die von jedermann einsehbar ist: Besitzer, Projektträger, Gemeinden und staatliche Verwaltungen. Das garantiert mehr Planungssicherheit und trägt dazu bei, Land- und Kulturlandschaften kohärenter zu entwickeln.

Transparenz und Rechtssicherheit sind also Schlüsselwörter in diesem Kontext. Transparenz bedeutet konkret, dass die Bürger zum Beispiel Einblick in den Kriterienkatalog haben. Es geht darum, schneller und einfacher schützen zu können, sprich die Prozeduren zu vereinfachen. Damit dies möglich ist, kann es nicht sein, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht. In puncto Denkmalschutz muss von Beginn an jeder Partner einbezogen und informiert sein. Eine bessere Koordinierung zwischen den Verwaltungen bzw. den Ministerien ist also unentbehrlich.

Das neue Denkmalschutzgesetz soll dazu beitragen, dass die breite Öffentlichkeit ausführlicher informiert wird. Zudem soll das neue Gesetz zu einer administrativen Vereinfachung führen, also zu kürzeren Verwaltungswegen; das erwiese sich letztlich für alle Betroffenen als ein Gewinn. Zu guter Letzt muss der Staat den Besitzern alter und schützenswerter Gebäude finanziell stärker als bisher unter die Arme greifen und sie für ihr Engagement im Dienste des Denkmalschutzes sowie für die damit verbundenen Auflagen und Kosten gebührend entschädigen.

Denken wir an Denkmal- und Landschaftsschutz, erweist sich das Jahr 2020 als entscheidend. Einerseits, weil wir uns erneut der Wichtigkeit unserer natürlichen Schönheiten im Ösling bewusst werden sollen; andererseits, weil pragmatischer und sinnvoller Denkmalschutz ein kostbarer kultureller und touristischer Trumpf darstellt, den wir nicht unbedacht verspielen sollten.