André Bauler
Von Gewissheiten und Unsicherheiten
Nach einem langen, manchmal sehr tristen und verregneten Winter, wie wir ihn hierzulande leider allzu oft erdulden müssen, ohne viel Schnee und Sonne, eröffnet uns das Frühjahr eine Zeit des Neuanfangs. Leider ist diese alljährliche, an sich positive Stimmung getrübt, denn die rapiden Veränderungen auf geopolitischer Ebene lassen nichts Gutes erahnen.
Europa steht in diesen Tagen ziemlich verloren auf der Weltbühne. Der klassische Alliierte auf der anderen Seite des Atlantiks – den die Gemeinden in den Ardennen seit September nicht zu loben müde werden, ob seiner unvergessenen Opfer während unserer Befreiung vom Hitlerjoch – scheint nicht mehr an der bisher üblichen und zuverlässigen Zusammenarbeit auf militärischer Ebene interessiert zu sein.
In die Zukunft investieren
Diese Situation führt uns in unsichere Gefilde; sie stellt unsere traditionellen Beziehungen arg auf die Probe. Die Zukunft wird zeigen, welche neue Belastungen, Risiken und Umstellungen auf unsere Bevölkerung zukommen. Da es keine Freiheit zum Nulltarif gibt, werden alle europäischen Staaten budgetäre Abstriche zugunsten von Ausgaben in die Verteidigung machen müssen. Wohl auch auf infrastruktureller Ebene, wenngleich unser Land bis jetzt gewillt ist, seine öffentlichen Investitionen zum Wohle seiner Einwohner auf hohem Niveau zu halten. Glücklicherweise verfügen wir aktuell (noch) über ein finanzielles Polster, das uns erlaubt, Beides zu tun; sowohl in erhöhte Verteidigungsbemühungen zu investieren, als auch unsere staatlichen Infrastrukturen zu erneuern und auszubauen.
So konnte – insbesondere in den letzten Jahrzehnten – die wirtschaftliche Infrastruktur des Öslings spürbar diversifiziert werden. Die Region ist attraktiver geworden. Dies zeigt der demographische Aufschwung, der sich unter anderem auch durch verhältnismäßig niedrigere Immobilienpreise erklärt.
Es ist daher von großer Bedeutung, dass die Umgestaltung und Verbreiterung der Nationalstraße N7 zwischen „Fridhaff “ und Wemperhardt so schnell wie möglich umgesetzt wird. 2021 wurde das Projekt mit überragender Mehrheit im Parlament verabschiedet. Es geht dabei vornehmlich um sicheres (!) und zügiges Fahren. Über 80 Tote sind auf dieser Strecke seit Ende der 1970er Jahre zu beklagen. Gerade deshalb muss noch in dieser Legislaturperiode gehandelt, sprich mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Übrigens sollte auch darüber nachgedacht werden, inwiefern zwischen Hoscheid-Dickt und Hosingen eine vierspurige Umgehung realisiert werden kann, sobald die von der „Chamber“ votierten Arbeiten an der N7 abgeschlossen sind. Sollte sich der Eingriff in das natürliche Umfeld dabei in Grenzen halten, wäre dies eine weitere Verbesserung durch zügigeres Fahren, und vor allem eine spürbare Steigerung der Lebensqualität der in Hoscheid-Dickt lebenden Menschen.
Plädoyer für ein neues Nordspital
Wesentlich ist auch, dass der Klinikstandort Wiltz gestärkt wird. Langfristig sollte sich die Politik aber mit der fundamentalen Frage auseinandersetzen, inwiefern es sinnvoll wäre, ein gut erreichbares, zentral gelegenes und für Spezialisten attraktives Nordspital zu planen, an welcher ein großes Angebot an medizinischen Dienstleistungen verfügbar ist und das mit der demographischen Entwicklung Schritt hält. Was in zwanzig Jahren Realität werden soll, muss heute schon zielführend erörtert und geplant werden. Davon ist der Vorstand unserer Vereinigung überzeugt. In unserer diesjährigen Sondernummer werden sich unsere Autoren denn auch eingehend mit der Situation im Gesundheits- und Pflegesektor im Landesnorden befassen.
Und zum Schluss: Die Nordspitze ist auf zeitgemäße Schulinfrastrukturen angewiesen. In diesem Kontext ist es begrüßenswert, dass das Lyzeum in Clerf ausgebaut wird. Ein diesbezügliches Vorprojekt soll, allem Anschein nach, so schnell wie möglich abgeschlossen werden. Und wer hätte gedacht, dass diese Sekundarschule, fünf Jahre nach ihrer Eröffnung, aus allen Nähten platzt? Vor fast zwanzig Jahren, als wir unsere Petition für ein Lyzeum in Clerf starteten, wurden wir von manchen Leuten süffisant belächelt. Ein Journalist fragte mich damals in einem etwas herabschätzenden Ton, ob denn tatsächlich Sekundarlehrer interessiert seien, nach Clerf arbeiten zu kommen. Heute gibt uns die Realität Recht und das Lyzeum ist nicht mehr aus der Nordspitze wegzudenken.
In einem kleinen Land wie Luxemburg dürfte es eigentlich kein Problem sein, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen. Dies haben die Verantwortlichen unserer Vereinigung stets gebetsmühlenartig gefordert. Dank dieser steten Anstrengungen, also seit 1979, dem Gründungsjahr unserer Vereinigung, hat sich der Kanton ja auch infrastrukturell, sozial und ökonomisch zum Guten verändert, sogar wenn nicht alles Silber ist was glänzt, und noch so manche Baustellen in Angriff zu nehmen sind. Wir hoffen, dass diese nun schrittweise umgesetzt werden!