André Bauler

Tempora mutantur …

Der Frühling steht für Neuanfang und Aufbruch. Es ist die Zeit, in der die Natur erwacht und sich in vielen Farben zeigt. Sie zieht zarte Gewänder an, in zahllosen Schattierungen. Diese Schönheit belebt unser Gemüt, sie lädt uns dazu ein, aufzubrechen und verleiht uns frischen Mut.

Diesen brauchen wir mehr denn je, da die Welt, in der wir leben, äußerst unruhig geworden ist; insbesondere aufgrund der Ukraine-Krise, die unendliches Leid über Tausende Menschen gebracht hat. Niemand weiß zum jetzigen Zeitpunkt, wohin dieser Krieg unseren Kontinent führen wird. Wer hätte gedacht, dass wir uns im 21. Jahrhundert noch einmal, mitten in Europa, an den Rande eines Weltkriegs bewegen würden? Dabei hat die sanitäre Krise bereits viele Opfer gefordert. Seit Ausbruch der Pandemie vor zwei Jahren ist denn auch vieles anders geworden. Uns wurde mehr denn je bewusst, dass nichts beständiger als die Unbeständigkeit ist. In der Tat: Unsere Gesellschaft verändert sich derart schnell, dass wir manchmal fürchten müssen, den Tritt zu verlieren.

Der lateinische Hexameter „Tempora mutantur, nos et mutamur in illis“ scheint hochaktuell. In der Tat: „Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen“. Ein treffendes Beispiel in diesem Zusammenhang liefert die Digitalisierung, die während der akuten Phase der Viruskrise einen regelrechten Schub erhielt. So half sie so manches in unserem Leben zu vereinfachen, birgt aber auch Gefahren und Verlockungen in sich. Darüber hinaus hat sie unsere sozialen Kontakte verstärkt in den virtuellen Raum verlegt. Nicht immer zum Guten.

Rückzug in die Privatsphäre?

Psychologen vermuten sogar, dass sich am Ende der Pandemie viele Menschen damit schwer tun, in die reale Gesellschaft zurückzukehren, da sie nicht mehr richtig an echte Kontakte gewöhnt sind und es daher bevorzugen, sich weiter in ihrer Privatsphäre einzuigeln.

So manche Altersgenossen haben mir in den letzten Monaten denn auch mitgeteilt, dass sie sich in der Pandemie dazu entschieden haben, zukünftig mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen und die ungeahnte Entschleunigung zu nutzen, um zu sich selbst zu finden und darüber nachzudenken, was wirklich notwendig ist und was eben nicht. Einer meiner Bekannten, ein exzellenter Musiker, hat so z.B. beschlossen, sowohl seinen Dienst als langjähriger Organist, als auch jenen als Dirigent und als Chorsänger aufzugeben, um sich nur noch auf einige spezifische Freizeitprojekte zu konzentrieren, die sich besser mit seinem Privatleben vereinbaren lassen. Ebenso sieht es bei einer Berufskollegin aus, die nach Jahrzehnten ihr Engagement in der Dorfmusik aufgibt. Genug sei nun einmal genug.

Zusammen mehr erreichen

Ob diese Reflexe den sozialen Zusammenhalt in Frage stellen, wage ich zu bezweifeln. Man muss solche Reaktionen nicht unbedingt als negativ einstufen. Im kulturellen Bereich kommt es immer auf Qualität an und die kann man auch gewährleisten, wenn man kooperativer und gesammelter arbeitet. Weniger kann dabei durchaus mehr sein. Eine große Musikgesellschaft, wie z.B. jene in der Gemeinde Wintger, vereinigt Menschen aus allen Dörfern und Weilern der Gemeinde; zusammen erreicht man eben mehr und kann qualitativ vieles bieten, das auf streng lokaler Ebene kaum oder nur mit externer Verstärkung aufrecht zu erhalten wäre.

Dass sich unser Verhalten in und nach der Pandemie verändert, dürfte wohl Konsequenzen für unser weiteres Zusammenleben haben. Dennoch können wir optimistisch sein, angesichts der überwältigenden Zahl an Mitmenschen, die sich während der Krise solidarisch, mitfühlend und zuversichtlich gezeigt haben. Sie sind es nämlich, die dazu beitragen, gesellschaftliche Spaltungen, zumindest teilweise, zu lindern, ja zu überwinden, denn diese sind wahres Gift für die soziale Kohäsion. Kein leicht zu beackerndes Feld, aber dennoch ein lohnenswertes Unterfangen.

Nutzen wir also den Frühling für eine neue Dynamik, auch was unsere zwischenmenschlichen Beziehungen anbelangt.

Unsere Schwerpunkte in 2022

Unabhängig vom oben beschriebenen Wandel werden wir vom „De Cliärrwer Kanton“ unser Schaffen vorantreiben und uns 2022 vornehmlich auf folgende Themen konzentrieren, die aus regionaler Sicht von eminenter Wichtigkeit sind:

  • die Verbesserung der medizinischen Versorgung in den Abend- und Nachtstunden, insbesondere in der Pädiatrie,
  • die Optimierung des öffentlichen Transportes im ländlichen Raum
  • der unumgängliche Ausbau des Lyzeums in Clerf.

Zum Schluss wünschen wir Ihnen ein frohes, zuversichtliches Osterfest, verbunden mit der Hoffnung, dass Sie die persönlichen Ziele, die Sie sich in diesem Jahr gesteckt haben, erreichen.