André Bauler
Vergesst die Nordspitze nicht!
2023 ist ein Wahljahr par excellence. Die Gemeindewahlen vom 11. Juni liegen bereits hinter uns. Wir beglückwünschen alle gewählten Gemeinderatsmitglieder zu ihrem Mandat, insbesondere die Neugewählten. Sie sind nun die neuen politischen Entscheidungsträger des Clerfer Kantons und wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit.
Schöffen- und Gemeinderäte bestimmen die infrastrukturelle, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zukunft der Kommunen. Sie stellen wichtige Weichen und tragen Verantwortung für die Lebensqualität unserer Bürger. Dass sich in diesem Zusammenhang Erfahrung und Erneuerung paaren, ist nicht nur begrüßenswert, sondern notwendig. Denn wir sind auf das Wissen erfahrener „Hasen“ angewiesen, die mit sicherer Hand und Gewissenhaftigkeit die Amtsgeschäfte führen und Projekte planen beziehungsweise umsetzen. Gleichzeitig gilt es, jüngeren Politikern die Herausforderungen unserer Region vor Augen zu führen, sie schrittweise in Aufgabenfelder einzubinden und sich mit ihren erfrischenden Ideen auseinanderzusetzen.
In einigen Wochen sind auch Landeswahlen. Dann fallen die Würfel ein zweites Mal. Bei dieser Gelegenheit konkurrieren die Parteien erneut um Ideen, Konzepte und Perspektiven. In ihren Programmen setzen sie sich unter anderem für neue Infrastrukturen ein. Auch wir von „De Cliärrwer Kanton“ haben konkrete Wünsche und Vorstellungen, was die Zukunft unserer Region angelangt, die sich beileibe nicht nur auf die „Nordstad“ beschränken darf. Der Norden verfügt über mehrere Versorgungszentren, die alle gestärkt werden müssen. Dabei fragt man sich, weshalb Hosingen eigentlich keine Rolle als Entwicklungs- und Attraktivitätspol (CDA) spielen darf, obwohl die Gemeinde sich dank ihrer strategischen Lage in den letzten Jahren auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene sehr positiv verändert hat.
So unterstützen wir mit aller Kraft und Entschiedenheit den Ausbau des Clerfer Lyzeums, das vor genau fünf Jahren seine Türen öffnete. Wer hätte gedacht, dass die Schülerzahlen dieser Sekundarschule so schnell wachsen?
Wir pochen ebenso darauf, dass die Arbeiten zwecks Verbreiterung und Modernisierung der Nationalstraße zwischen Diekirch und Huldingen schnellstmöglich anlaufen. Das Projekt wurde 2021 mit sehr breiter Mehrheit im Parlament gestimmt. Nun wird es endlich Zeit, dass die Bagger rollen und diese wichtige Verkehrsverbindung sicherer und bequemer gestaltet wird. Der Spatenstich für die Umgehungsstraße Hosingen ist ein wichtiger Auftakt, aber eben bloß ein unabdingbarer Anfang eines langwierigen Unterfangens.
Darüber hinaus setzen wird uns dafür ein, dass der öffentliche Transport im ländlichen Raum entschiedener auf die Ansprüche und Bedürfnisse der Bevölkerung eingeht. Einerseits sind die Korrespondenzen zwischen Bus und Zug nicht gerade die zuverlässigsten. Andererseits fahren tagsüber viele Busse durch unsere Dörfer, die kaum ausgelastet sind. Eine kritische Bestandsaufnahme drängt sich deshalb auf, damit das Transportsystem der Nachfrage endlich gerechter wird.
Ein weiteres Sorgenkind bleibt die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Es fehlt an einem kohärenten Konzept, das die Betreuung der Bevölkerung während der Wochenenden, Feiertage und in den Nachstunden deutlich verbessert. Es kann nämlich nicht angehen, dass die Menschen der Nordspitze weite Wege in Kauf nehmen müssen, um einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen. In vielen Fällen reicht der Besuch eines klassischen Hausarztes vor Ort aus, um kurzfristig Hilfe anzubieten und so das lange Warten in einer Polyklinik zu vermeiden. Hier gilt es, neue Wege zu beschreiten, um die medizinische Erstversorgung durch Einbeziehung der Hausärzte und eine Aufwertung ihrer Tätigkeiten zu verbessern. Können Patienten sich nicht bewegen (Erkältung mit hohem Fieber, Magen-Darmkrankheiten, Verletzungen…) sollen Ärzte kontaktiert werden, die sich für diesen Haus-Dienst bereit erklärt haben und entsprechend ausgerüstet sind. Der Hausarzt kennt sich in seiner Gegend bestens aus und kann zeitnah vor Ort sein, um Kranken zu helfen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass „De Cliärrwer Kanton“ sich zudem für den Ausbau des Nordspitals und seiner Dienste einsetzt. Weshalb müssen krebskranke Menschen aus dem Norden weite Wege auf sich nehmen, um sich Untersuchungen in Luxemburg oder Esch/Alzette zu unterziehen? Sollte ein weiterer PET-Scan eingerichtet werden, muss dieser auf jeden Fall nach Ettelbrück kommen. Gut, dass diese Forderung unsererseits im Frühjahr gestellt wurde, damit es nicht zu vollendeten Tatsachen kommt.
Es bliebe noch so manches zu schreiben, doch wir wollen es erst einmal bei diesen Forderungen belassen. Nach den Nationalwahlen werden wir ein weiteres Mal zu den spezifischen Problemen des Nordens Stellung beziehen und der nationalen Politik unmissverständlich zu verstehen geben, dass sie den Nordbezirk, seine Menschen und deren natürliche Belange im Visier behalten muss. Es soll ja beileibe nicht der Eindruck entstehen, die Nordspitze sei das Stiefkind der Nation. Denn vergessen wir nicht: Unser Land muss als Ganzes gesehen werden. Jede Region ist wichtig und hat ihren Stellenwert. Der traditionelle Graben zwischen Stadt und Land muss überwunden werden.
Dies betont, möchten wir allen Leserinnen und Lesern eine geruhsame Sommerpause wünschen, verbunden mit dem Anliegen, dass sie neue Kräfte und Ideen sammeln.
Denn ab diesem Herbst dürften wohl so manche Herausforderungen auf uns alle warten.