Léon Braconnier

Lieblosigkeiten?

Am 24. Juni dieses Jahres hatte unsere Vereinigung in die Clerfer Dekanatskirche eingeladen: festliches Konzert unter der Leitung von Pierre Cao. Ein Höhepunkt im kulturellen Leben unserer Region, die im übrigen mit der Fotoausstellung « Family of Man » von Edward Steichen um etliches reicher geworden ist. Für alle Anwesenden sollte es ein unvergeßlicher Abend werden, ein Abend, der mit Mozarts Requiem mehr als ergreifend ausklang.

Am späten Nachmittag war es einer Delegation des Vorstandes vorbehalten, die Mitglieder des « Orchestre Royal de Chambre de Wallonie » und des « Choeurs de Chambre de Namur » zu begrüßen.

En passant la frontière, sagte der Leiter des Centre de Chant Choral de la Communauté française de Belgique, « j’étais surpris du mauvais état des routes. Le Luxembourg est tout de même un pays riche. »

Von Bastogne kommend wird jeder Autoinsasse in der Tat unsanft darauf aufmerksam gemacht, daß soeben eine Grenze überfahren wurde. Was hier dem Benutzer zugemutet wird, gereicht unserem Land nicht zur Ehre. Schlaglöcher, « accotements non stabilisés », Teerlachen, Teerseen, Teermeere. Auch fürs Auge wird etwas geboten: das mit Sicherheit längste Patchwork weit und breit. Da gibt es schier kein Quadratmeter ohne Flickwerk. « Le Luxembourg est tout de même un pays riche. » Welches Luxemburg?

Kilometerlang: Straße, die eigentlich auf die Intensivstation gehört. Leider keine Ausnahme. Rad- und Motorradfahrer beispielsweise erfahren den desolaten Zustand so mancher Landstraße, kennen die Risiken vieler Strecken, wissen um viele Gefahren. Todesfallen in spe?

Verschmutzte, verrostete oder verblaßte Ortstafeln und Verkehrsschilder. Visitenkarten?

Friedhof Clerf: seit Dezember ’93 sichert eine provisorische Ampelanlage dem gestreßten Autofahrer eine Ruhepause. Gelegenheit zur (Zwangs) Meditation?

Verschlossener Bahnhof im Kantonalhauptort und Touristenzentrum Clerf. Ermutigung zur Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel?

Wirklich alles nur Lieblosigkeiten?