J.J.

Notizen zu unserer Generalversammlung

Generalversammlungen von Vereinigungen ohne Gewinnzweck gehören zum normalen Jahresablauf im aktiven Vereinsleben. Zuweilen sind sie nur Ritual, um den Statuten Genüge zu leisten. Geldfragen spielen nur insofern eine Rolle, als eine bestimmte Euromenge nun einmal Voraussetzung und Grundlage für breit gefächerte Aktivitäten ist, aber im übrigen sind Generalversammlungen von Freiwilligen keine Hauptversammlungen von Aktionären mit kapitalistischen Interessen und Anliegen…

Die Tagesordnung der « Assemblée générale ordinaire » vom vergangenen zwölften April umfasste sieben Punkte, die zügig und in betont freundschaftlichem Geist « erledigt » wurden. Interessante und einmal mehr intellektuell beachtliche « Pièce de résistance » war die Ansprache von Präsident Léon Braconnier; die Rechenschaftsberichte von Sekretariat und Finanzführung waren klar strukturiert; der Jahresbeitrag bleibt unverändert und die freie Aussprache war 2002 lebendig und sparte auch eher heikle Problemstellungen nicht aus. Die « Assistance » war nicht überwältigend groß, aber immer noch eindrucksvoll im Vergleich zu Erfahrungen bestimmter Jahre.

« Et ass der grousser Equipe vum Cliärrwer Kanton eng grouss Freed, iech haut den Owend hei am ale Schlass wëllkomm ze heeschen. Dir sit komm, fir zesumme mat eis iwwer eise Veräin nozedenken, fir en Tour iwwer d’Nordspëtzt vum Land ze maachen, a fir matzediskutéieren, wat een alles vläicht besser maache kënnt. » Mit diesen freundlichen und zugleich programmatischen Worten begann DCK-Präsident Braconnier seine Ansprache und entschuldigte die Abwesenheit von Ministerin Marie-Josée Jacobs, der Abgeordneten Nico Loes, Marco Schanck und Georges Wohlfart sowie der Vorstandsmitglieder Metty Boever und Jean Reiland.

Der Redner hält seine 17. Ansprache in seiner Eigenschaft als DCK-Vorsitzender und denkt bei dieser Gelegenheit mit Respekt und Dank an Amtsvorgänger René Maertz: « Villes vun deem, wat hien a séng Matarbechter gesot hun, an et sëtzen der vun deenen nach eng Partie hei um Dësch, villes vun deem ass haut méi wouer ewéi jee. »

Traditionnel beleuchtet und bewertet der Vorstand im Verlauf der Generalversammlung die Aktivitäten der Vereinigung auf kultureller und gesellschaftlicher Ebene.

Seit einigen Jahren

gründet unser Einsatz im Dienst des kulturellen Lebens der Nordspitze auf drei tragenden Säulen: Veröffentlichung der Zeitschrift, Veranstaltungen der « Journées du Chant Grégorien » und der Betreuung der Bibliothek Tony Bourg.

Unsere Zeitschrift

erscheint im 24. Jahrgang. Glücklicherweise kann man heute nur schmunzeln über jene Pessimisten, die der Meinung waren, nach einer bestimmten Zeit würden uns Stoff und Puste ausgehen: Die Seitenzahl wird größer, inzwischen verwenden wir nur noch Farbdruck. Unsere Publikation ist für die Region von unschätzbarem Wert und landesweit einmalig. Unsere Spezialhefte sind jeweils Spitzenleistungen unserer publizistischen Arbeit und weitgehend vergriffen – die letzte Nummer « Verziel mer vum Krich » war nach wenigen Tagen nicht mehr aufzutreiben. Trotzdem wären wir recht dankbar, wenn unsere Zeitschrift landesweit in der Kulturrubrik der Medien etwas nachhaltiger berücksichtigt und gewürdigt würde. Für uns bedeutet es viel Einsatz, die Abonnentenzahl konstant zu halten, wobei es uns natürlich freut, wenn wir von kulturell interessierten Mitbürgern kontaktiert werden, die den « Cliärrwer Kanton » bislang noch nicht kannten. In diesem Zusammenhang ist die herausragende Arbeit von Chefredakteur « Keupen Heng » zu unterstreichen. Die Veröffentlichung unserer Zeitschrift bedeutet eine Unmenge Versammlungen und viel Arbeit.

Die Sondernummer 2002 trägt den Titel: « Weër ». Sie wird ähnlich wie bei der « Edition spéciale » von 1999 mit dem Titel « Il était une fois novembre » eher poetisch-literarischen Charakter haben, dies und sogar noch etwas ausgeprägter. Wie der Titel andeutet, geht es um Wege im Kanton Clerf, um Straßen, Wege aus Eisen, alte und neue Wege, Spazierwege, Messwege, Kreuzwege und so weiter.

Unsere schöne und freundliche

Bibliothek Tony Bourg

in Ulflingen leistet wirklich gute Arbeit. Sie wurde vor zwei Jahren eröffnet und erreicht offenbar ihr Ziel, nämlich Einwohnern auf regionalem Plan eine zeitgemäße Bücherauswahl aus allen Bereichen zur Verfügung zu stellen. Die Ausgangsbasis hat sich durch Erwerb und Schenkungen auf über 5000 Referenznummern erweitert; darüber hinaus sind wir in der Lage, jedes Buch im Zuständigkeitsbereich der Nationalbibliothek binnen kurzer Frist zu beschaffen.

Die « Journées du Chant Grégorien »

sind aus regionalem und sogar nationalem Kulturangebot nicht mehr wegzudenken. Wer eines unserer Konzerte erlebt hat, kennt auch den Erfolg unserer Initiative. Die Abteikirche war verschiedentlich zu klein, um die zahlreichen Kunstfreunde zu fassen.

Der Erfolg dieser Journées gründet in mehreren Ursachen: Der gregorianische Gesang zieht die Menschen in seinen Bann, Menschen, die sich in unserer modernen Welt von alter Sakralmusik angezogen fühlen. Wir bieten diese Konzerte und die Stageperioden an bei de « Clierwer Pateren »,

in ihrer Abtei mit ihrer unschätzbaren und kulturellen Ausstrahlung,

auf dem Hintergründe unserer unvergleichlich wunderbaren Öslinger Herbstlandschaft, der ohne Zweifel ebenfalls bedeutend zum Erfolg beiträgt. Vielleicht sollte man auch einmal auf die Qualität unseres Publikums hinweisen: von Ministern, Botschaftern, Verwaltungsdirektoren über Geschäftsleute und Freiberufler zu « ganz einfachen » und liebenswerten Zeitgenossen reicht der Fächer. Musikfreunde aus dem ganzen Land und aus allen Sozialschichten und Altersstufen kommen nach Clerf. Sie kommen mit dem gemeinsamen Bedürfnis, den wunderbaren gregorianischen Gesang auf sich einwirken zu lassen. Bei ziemlich hohen Unkosten verlangen wir kein Eintrittsgeld – unsere Journées sind als Geschenk an das ganze Land zu betrachten, als Geschenk der Abtei und des Öslings.

Vor einigen Wochen mussten wir uns leider verabschieden von einem Mitbürger, der bei allen Konzerten dabei war: Freund Marcel Bartholmé. Mit seinen Verdiensten und Leistungen in vielen Bereichen, insbesondere in Orgelmusik und Gesang, werden wir ihn noch oft vermissen. Er war ein Stück Clerf, ein Stück Ösling, ein Stück Musik. Einmal mehr ist das Ösling mit seinem Ableben ärmer geworden.

Die Veranstaltungen von 2001 werden nach der Ansprache des Präsidenten aufgezählt. « Dans l’imédiat » verwies der Redner auf die Saison 2002: Im Rahmen der Bibliothek-Aktivitäten findet am 22. Mai im Ulflinger Gemeindehaus ein interessanter Leseabend mit Roger Manderscheid und Georges Hausemer statt. Für den 7. Juni wurde ein Kurt Weill-Liederabend programmiert mit dem Sacha Ley-Ensemble.

Die traditionellen « Journées du Chant Grégorien » im Oktober werden Ausgezeichnetes bieten: Beginn wie üblich mit einem Vortrag von Pater Abt am 9. Oktober. Sodann drei Konzerte, und zwar am Sonntag 13. Oktober mit dem Luxemburger Ensemble Misericordias, das vor einigen Jahren gegründet wurde und bereits auf hohem künstlerischem Niveau angesiedelt ist. Ferner am Sonntag 20. Oktober mit der Schola aus der Abtei und am 27. Oktober eine Premiere mit einem Kinderchor aus Madrid, aus der Abtei Santa Cruz. Die Stageperiode, die im Vorjahr großen Erfolg verzeichnete, findet statt vom 25. bis 27. Oktober in der Abtei.

Unsere Gemäldeausstellung zum Jahresende wird am 26. Dezember eröffnet mit Werken von Britt Bernard und Patty Thielen zusammen mit der Goldschmiedin Patricia Parisoto.

Wie zur Genüge bekannt sind aus dem « Dunstkreis des DCK » zuweilen auch

kritische Töne

zu hören. Unser Dreieck-Logo hat ja einige Zacken. In diesem Zusammenhang formulierte der Redner einen herzlichen und nachdrücklichen Aufruf zugunsten unserer « Lëtzbuerger Sprooch ». Eine Sprache, für die es immer schwieriger wird, ihre Identität zu wahren. Léon Braconnier lobt die Bemühungen von Vorstandsmitglied Aloyse Kohnen und von Fränz Frising, dessen rezentes Buch « Een Haus mat 3 Fënsteren » in unserer Zeitschrift von einem weiteren Spezialisten – Raymond Schaack – ins Rampenlicht gestellt wurde.

Zwei persönliche Überlegungen wollte der Redner seinen aufmerksamen Zuhörern nicht vorenthalten:

  1. « Dat Lëtzebuergescht, dat eis Lëtzebuerger Radioen an Televisioun vu sech gin, ass eng Kakophonie. »
    Unsere Sprache wird hinsichtlich Wortschatz und Aussprache derart « verpreisescht », dass es einem nahezu schlecht wird. Einige Beispiele:
    Die Aussprache des Buchstaben « S »: Et war bis elo eng richteg « Symphonie » a keng « Symphonie » mat engem schwachen s. Et schwetzt ee vun enger « Situatioun » mat engem scharfen s, a net vun enger « Situatioun ». En zweete Buchstaw huet d’Nationalitéit gewiesselt, an dat ass den « Y ». Dee gouf emmer gelies ewéi en « i » an net ewei en « ü ». Bis elo hu mir vun « Egipten » geschwat an net vun « Ägüpten ». D’Wieder zu Lëtzebuerg get och net « ab Méindeg » besser, mee am beschte Fall « vun e Méindeg un ». Dann hu mer do och nach d’Verb « wëllen ». Do war et ëmmer: « ech wëll, du wëlls, hie wëllt » an esou weider. Elo get op dat däitscht « er will » opgebaut an dofir ass et aplaz vun « hie wëllt » elo « hie wëll ». Do kann een nëmmen nach soen: « Ech wëll, du wëll, hie wëll, mir wëll » !!!
  2. « Dat Lëtzebuergescht, dat eis Kanner, an zum Deel och vill Grousser vu sech gin, ass och eng Kakophonie. » Vill Wieder sin am Laaf vun der Zäit verluergaang, an ech mengen domat emol guer net Raritéiten wei eng « Hännlomp » oder e « Schnäizkleed ». Wéivill Leit soën nach « Zennseef »? Dat ass dach eng « Zahnpasta ». Eng « Televisioun » ass well laang e « Fernseh », e « Busarrêt » ass eng « Bushaltestell ». An en « Antibiotique » heescht haut en « Antibiotika ». Ech hun awer gekuckt, wei viru kuurzem e Schoulmeeschter mir erzielt huet, dat Kanner aus sénger Klass op e Baam « kletteren », an dat d’Allerhellegevakanz elo « d’Halloweenvakanz » ass. Mee vläicht musse mir eis un daat alles nëmme gewinnen an an e puer Joër seet dann d’Mamm oder de Papp zu de Kanner: « Wann der op e Baam klettere wëllt, da fuert nët mam Fuerrad. Gitt zu Fouss a bleiwt um Biergersteig, bis der am Wald sitt. »

Nach diesen ironisch-kritischen Bemerkungen über sprachliche Unachtsamkeit vieler Mitbürger/Innen (leider gründlich gefördert in den Medien!) zog der Redner berechtigte Schlussfolgerungen: Die rasche Entwicklung innerhalb unserer Bevölkerung läuft in nicht allzu ferner Zukunft auf einen Ausländeranteil von nahezu 50 Prozent hinaus, weshalb es erforderlich scheint, unsere Heimatsprache besser zu achten. In der letzten Nummer unserer Zeitschrift meinte Raymond Schaack, es sei zu bedauern, dass nur unsere Sprache uns im großen Europa noch von anderen unterscheidet und uns ein wenig zusammenhält … So weit zu diesem (ersten) Thema.

Unser Internet-Site www.dck.lu ist bei Freund Adrien Wouters in guten Händen und wird immer öfter angeklickt. Unsere Vereinigung wird auch oft angesprochen bei Familienforschung sowie bei der Suche nach Einzelpersonen und Gebäuden. Leider sind wir nicht in der Lage alle Anfragen zu beantworten. Nebenbei gesagt ist die Anzeige in unserer Zeitschrift mit ihren verlockenden Versprechen guter Beschäftigung für nette Freiwillige auf diesem Hintergrund zu verstehen: « Fir Leit, dei eng Hand mat upake wëllen, stin eis Dire grouss op … »

Seit April 2001, als wir hier zusammen saßen und gemeinsam planten, haben sich in der Welt furchtbare Ereignisse zugetragen. In rezenter Vergangenheit haben wir mehrfach auf die hohe Bedeutung der Kultur hingewiesen im Kampf gegen Hass und Dummheit, Ursachen grässlichen Unheils. Armut und Elend sind sehr oft Nährboden von Hass und Fanatismus. Selbstverständlich müssen auch sie bekämpft werden, weshalb

die Entwicklungshilfe unseres Landes

so bedeutsam ist.

Zusammen mit den Anwesenden unternimmt LéonBraconnier sodann wie gehabt und geschätzt « e kurzen Tour iwwer déi gesellschaftlech a wirtschaftlech Situatioun »: Unsere Vereinigung übte in rezenter Vergangenheit eine gewisse Zurückhaltung, ohne punktuelle Aktionen auszuschließen. Unsere Interventionen beschränkten sich auf die Restrukturierung der Ordnungskräfte und auf die Schaffung eines Lyzeums im Kanton Clerf. Bei beiden Problemen scheint die Entwicklung positiv zu verlaufen: « Den Dossier Lycée ass an de leschte Wochen gutt virukomm. E Lycée, deen op ville Pläng fir eise Kanton eng noutwenneg Saach ass. E Lycée, deen net méi eppes Elitaires ass, mee e Grondbesoin fir eng Regioun, e kulturellt a sozialt Fundament. »

Aber wie soll es außerdem weitergehen mit dem Kanton Clerf? Welche Vorhaben gibt es? Über den Raum Ettelbruck/Diekirch wurde in letzter Zeit viel diskutiert und Begriffe wie « Nordstad-Unistad » oder Nordstad-Gring Stad » schwirrten durch die Luft. Morgen schwärmt man vielleicht auch noch von einer « Nordstad-Superstad ». Eine besondere « Denkfabrik » wurde sogar geschaffen.

Bei diesen Gedankenspielen hat der Redner sich verschiedentlich an René Maertz erinnert, der nicht müde wurde auf die Tatsache zu verweisen, dass der Kanton Clerf innerhalb der gesamten Nordregion eine spezifische Lage einnimmt: Selbstverständlich ist der Landesnorden als ganzes zu betrachten. Aber mit städtischen Infrastrukturen wie diejenigen der Nordstadt – auf kultureller, medizinischer, pädagogischer und wirtschaftlicher Ebene – haben wir von der Nordspitze (leider) nicht ganz viel gemeinsam. Wir verstehen auch nicht oder jedenfalls nicht alles, was geplant und erörtert wird …

Der Norden und seine Probleme beschränken sich nicht auf die Nordstadt, und natürlich auch nicht auf den Kanton Clerf. Auch die anderen Kantone im Landesnorden haben ihre eigenen Probleme. René Maertz wurde nie müde, die spezifischen Probleme unseres Kantons zu unterstreichen und einen Gesamtplan zu fordern, einen Plan für unseren Kanton Clerf, eingebettet in moderner Landesplanung, die offensichtlich noch immer Geburtswehen durchmacht. Es muss doch überlegt werden, welche Aufgaben für die einzelnen Landesregionen anzupeilen sind. Die Entwicklung kann doch nicht einfach dem Zufall überlassen bleiben …

Ist es in der Praxis aller Tage leider nicht so, dass Projekte und Ideen mit mehr oder weniger großem Aufwand vorgestellt werden, aber ohne jegliche Konzertierung? Uni-Nordstad stand im Kreuzfeuer der Diskussion, es kam Hoffnung auf, aber im Gesetzentwurf über eine Luxemburger Uni findet sich kein Wort über eine « Zweigstelle Norden » …

Ohne Zweifel benötigen wir Diskussionen zur gründlichen Information und richtiger Überlegung. Der Redner hat in seinem letzten Leitartikel bedauert, dass Vorhaben ab und zu von Geheimnistuerei begleitet sind. Doch darf die Diskussion über eine Region auch nicht zum Selbstzweck verkommen, kein Forum für politisch gefärbte Auseinandersetzungen. Wir sollten aufhören mit dem Unfug, in jeder Diskussionsrunde ein Sprungbrett für politischen Ehrgeiz zu sehen. Übrigens verspürt der einfache Bürger nur Müdigkeit und Überdruss, wenn er immerfort anhören muss, was man alles so machen « könnte ». Der Redner schätzt bereits seit zwanzig Jahren das Glück, in Clerf zu wohnen – und ebenso lange schon hört er, wie schön und motivierend es wäre, wenn endlich irgendeine Verwaltung sich im Ösling niederlassen würde. Ohne Kommentar!

Was geschieht im Straßenbau?

Was erfolgt dort, wo die Nordstraße einmal in der Hauptstadt ankommt? Wer versteht noch, was auf Kirchberg geschieht? Seit ein paar Monaten sind einige Kilometer Nordstraße zu befahren, zum Teil mit provisorischen Durchfahrten, aber einige Minuten sind bereits zu gewinnen. Und unwillkürlich stellt sich die Frage ein, weshalb wir derart lange darauf warten mussten. War es wirklich sinnvoll, die Umfahrung von Ettelbruck nur zweispurig zu gestalten? Fürchten wir in Luxemburg nicht zuweilen die eigene Courage? Und wäre es nicht sinnvoll, über die lange dreispurige Straßenstrecke von Ettelbruck zur Wemperhardt nachzudenken?

Und weiter: Wäre es nicht auch sinnvoll – wie bei der Eisenbahn – gemeinsam mit den belgischen Nachbarn zu erörtern, wie der armselige Weg von Wemperhardt nach Sankt-Vith zu verbessern wäre? Auf deutscher Seite wird die Anbindung der Autobahn von Prüm zur belgischen Grenze verwirklicht – Léon Braconnier vertritt die Auffassung, auch das Ösling habe Anrecht auf eine Autobahnzufahrt. Bedenken, derartige Maßnahmen könnten Transitverkehr anlocken, gab es ja auch bei den Schnellstraßen im Süden und Zentrum. Und trotzdem wurden sie verwirklicht!

Auch zum Eisenbahnproblem gibt es Fragen. Von kompetenter Seite wurde angedeutet, die eingleisige CFL-Nordstrecke sei unsicher. Nicht wir stellten diese Behauptung auf, aber wir stellen die Frage, inwieweit entsprechende Aussagen der CSV-Norden und der Gewerkschaft Syprolux korrekt seien. Der zuständige Minister sowie Präsident und Direktor der Eisenbahngesellschaft versichern, die Strecke sei sicher. Auch das sind kompetente Stimmen. Aber ein Unfall ist leider nie auszuschließen, denn der Mensch begeht Fehler, wie Unfälle rezenter Vergangenheit bewiesen haben. Eine Katastrophe im Ösling wäre angesichts der topographischen Situation und der Unzugänglichkeit des Geländes viel folgenschwerer als in anderen Regionen. Es ist anzunehmen, dass die Verantwortlichen einen gut einstudierten Katastrophenplan in der Schublade bereithalten …

Es heißt immer, ein « globales Konzept » sei für Landes- und Zukunftsplanung vonnöten. Welche Perspektiven hat das Ösling? Denken wir genügend weit « nach vorn »? Oder reagieren wir nur, wenn der Wind bereits zum Sturm zu werden droht? Welche Bedeutung geben wir langfristig betrachtet dem Erhalten der Natur? Wie behauptet unsere Region sich in touristischer Hinsicht? Haben wir bindende Fortschritte gemacht hinsichtlich Empfangen unserer Gäste und Freundlichkeit? Oder begnügen wir uns mit dem fleißigen Erstellen von Statistiken beim prozentualen Rückgang von Übernachtungen? Findet unsere Kreativität neue Wege oder sind wir beim Drucklegen neuer Faltblätter bereits am Ende? « Vermarkten » wir « Family of Man » als unseren besten « Schlager » jetzt besser? Wird sie eine effiziente moderne « Animation » nicht immer noch mit preiswertem Trallala verwechselt, der schon seit geraumer Zeit niemanden mehr interessiert?

Und noch eine Frage: Weshalb ist der überaus sinnvolle « Guichet unique » verschwunden?

Wird der Nordregion lediglich die Rolle eines Naturreservates zuerkannt? Wird eine brauchbare Bühne für lustige Bierfeste? Oder soll diese Gegend wirklich nur Schlafregion sein? Unternehmen wir genug, um ein Gleichgewicht zwischen Arbeiten, Wohnen und Freizeit zu schaffen? Wäre es nicht an der Zeit, die Bevölkerung über neue Vorhaben zu Gemeindefusionen zu informieren und zu konsultieren? Wie oft entscheiden persönliche Überlegungen bei Projekten? Wie oft kommt regionales Denken vor einem einzigen Kopf, vor einer Gemeinde oder vor einem Kanton zum Halten? Wie oft diktiert der Drang nach Einfluss, Macht und Prestige unser Handeln?

Interkommunale Syndikate sind von hoher Bedeutung

beim Aufbau moderner Kantonalgestaltung. Bürgermeister Emile Eicher und seine Kollegen des Syndikates SICLER geben ein Musterbeispiel effizienter Arbeit. Es gibt auch noch weitere Beispiele. Kompetente Autoren formulieren unter anderem auch an der Nordspitze fundamentale Gedanken über die Zukunft von Land und Leuten im Norden, genau wie auch politische Parteien und Vereinigungen. Die Aktion « LEADER » hat wohl dazu beigetragen, dass ihr Schwung in der Region nicht erlahmte. Die kantonale Musikschule leistet ausgezeichnete Arbeit. Glücklicherweise verhält es sich nicht mehr so, dass die Zukunft an der Nordspitze nur einige Zeitgenossen interessiert. Wir schöpfen aus diesen Tatsachen Vertrauen für die kommenden Jahre. Wenn es immer nur gelingen sollte, einige Antworten auf an diesem Abend gemeinsam gestreifte Fragen zu geben, können wir nur an bessere Zeiten glauben.

Zum Abschluss seiner tiefgründigen 2002-Aufführungen empfand Präsident Braconnier vielseitig verästeltes Dank-Bedürfnis für finanzielle, logistische und moralische Unterstützung: Auf Regierungsebene ist hauptsächlich das Kulturministerium zu erwähnen, das uns finanzielle Unterstützung gewährt und uns im Rahmen der aktiven « Animation Culturelle Régionale » auch organisatorische Hilfe sichert. Auf lokaler Ebene bieten Gemeinden und vor allem SICLER uns « überlebenswichtige » Unterstützung. Die Gemeindeverwaltungen von Ulflingen und Clerf verdienen unsere besondere Anerkennung. Ulflingen für die Bibliothek Tony Bourg, Clerf für die Hilfe bei Gemäldeausstellungen und bei den « Journées du Chant Grégorien » und außerdem für die Bereitstellung des Kulturzentrums für unsere Vereinsarbeit. Die Vereinigung « Isleker Art » soll nicht unerwähnt bleiben für ihre wertvolle Mithilfe bei den Chants Grégoriens; auch das LEADER-Bureau in Munshausen hilft Jahr um Jahr. Herrn Armand Thill vom « Luxemburger Wort » gebührt herzlicher Dank für seine journalistische Berücksichtigung unserer Arbeit. Der « Equipe aus der Bibliothek », ins besondere Agnes Poupart und Lucienne Schmitz, gebührt uneingeschränkter Dank für ihre dynamische und kompetente Verwaltung unserer Bibliothek. Malou Wagner, vom Vorstand mit der Leitung der Bibliothek beauftragt, verdient ebenfalls Anerkennung, ebenso wie alle Vorstandsmitglieder für ihre Verdienste um unsere Vereinigung. In warme Dankesworte schließt der Redner den verstorbenen Henri Wenkin ein, der für die Gemeinde Wintger und für alle Öslingfreunde zuverlässiger Freund und Förderer war: « Säin Asaatz fir d’Leit vun hei uewen ass e Virbild fir eis all, säin Départ en haarde Verloscht, apart fir di grouss Wëntger Gemeng. »

In den vergangenen Jahren

hat sich im Ösling vieles verändert: Das Ösling hat sich verändert wie ein Mensch, der älter wird, nach innen und nach außen. Veränderungen im Innenbereich äußern sich in einem sichereren Auftreten, in einer neuen Dynamik, in präziseren Forderungen und Erwartungen an die Partner der Entscheidungszentren. Die Auseinandersetzung mit konkreten Problemen hat eine Reihe von Initiativen und Besserungsvorschlägen nach sich gezogen. Wenn ein Projekt ausreichend erklärt und begründet wird, entsteht eine gut fundierte Grundlage, die auch bei den Verwaltungen und politischen Instanzen Gehör findet. Der Dialog hat sich ohne Zweifel verfeinert, der Gedanke guter Partnerschaft zwischen den Ballungszentren und dem ländlichen Raum macht seinen Weg. Sauf erreur hat das Ösling in den vergangenen Jahren neue Freunde gewonnen.

Das Ösling ändert sein Antlitz. Sicher ist es immer noch die Gegend mit der schönen Natur, das Land mit Himmel ohne Ende, mit seinen Wiesen und Feldern, das Land mit den weichen Hügeln, tiefen Tälern, farbigen Traktoren, ab und zu auch noch Arbeitspferden, das Land, wo man den Frieden, den der Schöpfer in die Natur gelegt hat, noch verspürt. Ein Land, wo das Leben noch etwas ruhiger und gemütlicher ist, wo das Klima rauer und die Wege etwas weiter sind, aber auch etwas rascher zu bewältigen sind als in den Ballungsgebieten. Und doch wachsen den Häusern in unseren Dörfern große graue Ohren, die in den Himmel horchen, hohe Windmühlen prägen immer stärker das Landschaftsbild. Die Zahl der Tankstellen mit Geschäften und Gaststätten nimmt zu. Die Romantik der Dorfkirche mit ihrem Hochamt wird ersetzt durch Supermarkt-Romantik, die jeden Sonntag zahlreiche Menschen in ihren Bann zieht. Wenn man im Winter auf dem Highway Nummer 7 an grell beleuchteten Tankstationen vorbeifährt, in welchen man noch am Abend tiefgefrorene Pizzas kaufen kann, dann ist es ganz sicher noch nicht Las Vegas, aber bereits ein Hauch von Amerika.

Und von dem Flugzeug, das 1945 nahe der Maulusmühle abgeschossen wurde und seither im Wald liegt, bleibt jedes Jahr weniger übrig. Andenkenjäger sägen sich dort mit der Trennscheibe Stück für Stück ab. Bis eines Tages nichts mehr übrig bleibt außer Erinnerungen und einigen Photobildern.

Große Regionalschulen ersetzen unsere Dorfschulen, Traktoren sind derart stark gewachsen, dass sie mit ihrem Anhänger von hinten betrachtet wie Fernlaster aussehen und ihre Vorderreifen sind noch viel größer als die Hinterräder früher waren. Auf allen Ebenen gibt es Veränderungen, insbesondere in der Landwirtschaft sind sie nicht zu übersehen. Das Leben in unseren Dörfern hat sich verändert, oft ohne Wirtshaus, ohne Pfarrer, ohne Läden, und wie angedeutet ohne Schule. An den Briefkästen sind immer mehr Anschriften von Unternehmen zu lesen. Hunderte von Autos fahren ab und zu vor, beispielsweise wenn gezeigt wird, wie das Leben früher war. Oder an Allerheiligen. Und am Samstag und am Sonntag haben wir den Lärm der Rasenmäher …

Vieles ändert… und manchmal ist es wichtig, nach rückwärts zu blicken.

Natürlich hat vieles sich zum Guten entwickelt. Nicht alles. Aber wir müssen noch an etwas glauben. Hoffen genügt nicht. Wir müssen weit genug in die Zukunft denken, von Wahrscheinlichkeiten ausgehen. Auch dann haben wir keine Sicherheit, alles bestimmen zu können. Aber zum Teil liegt das Ösling von morgen in unserer Hand.

Die tiefschürfenden Ausführungen des Redners, angesiedelt zwischen leiser Ironie und lyrischen Untertönen, wurden mit großem Beifall bedacht. Erwähnen wir hier, dass auch die Ehrengäste, nämlich die Nord-Abgeordneten Agny Durdu, Camille Gira und Jean-Pierre Koepp sowie die Bürgermeister Emile Eicher (Munshausen), Jacques Heinen (Hosingen), François Stephany (Clerf), Lucien Majerus (Ulflingen) und Henri Rinnen (Weiswampach) sichtlich beeindruckt waren und nicht mit Lob und Anerkennung zurückhielten.

Der Aktivitätsbericht 2001

wurde anschließend von Sekretärin Malou Wagner mit gekonnter und bekannter Sachlichkeit vorgetragen: Die Gemäldeausstellung zum Jahreswechsel stand mit dem allgemein geschätzten Künstler Johan de Crem ganz im Zeichen von Natur- und Tierwelt. Die Ausstellung wurde in enger Zusammenarbeit mit dem « Natur- a Vulleschutzveräin Clerf » und der « Fondation Hëllef fir d’Natur » organisiert und kannte einen beachtlichen Publikumserfolg.

Die Generalversammlung fand statt am 27. April 2001. Im Monat Oktober wurden die 5. « Journées du Chant Grégorien » durchgeführt. Sie wurden am 10. Oktober mit einem Vortrag von Père Abbé Jorrot eingeleitet. Am 25. Oktober hielt Madame Christiane Kremer-Hoffmann einen zweiten Vortrag zum Thema: « Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst? » Drei Konzerte wurden angeboten: am 14. Oktober (Schola der Clerfer Abtei), am 21. Oktober (Choeur Grégorien de Cremona) und am 28. Oktober (Schola Hungarica von Budapest). Die drei Konzerte waren außerordentlich gut besucht – der gregorianische Gesang hat in unserer hektischen Welt noch immer seinen festen Platz.

Vom 26. bis 28. Oktober wurde eine Stageperiode « Chants Grégoriens » durchgeführt, an welcher rund 30 Personen teilnahmen.

Die Sondernummer unserer Zeitschrift, die seit sechs Jahren zusätzlich zu den drei « normalen » Heften herauskommt, trug 2001 den Titel « Verziel mer vum Krich ». Sie enthält Zeugnisse zu Erlebnissen im zweiten Weltkrieg, unter besonderer Berücksichtigung der Ardennen-offensive. Viele Mitbürger/Innen wurden angesprochen; Erinnerungen und Dokumente ermöglichten ein Sonderheft von 112 Seiten, das im ganzen Land großes Interesse fand. Die 1 700 gedruckten Exemplare waren rasch vergriffen.

Zusätzlich zur Spezialnummer erhielten die Vereinsmitglieder eine « Bande dessinée » mit dem Titel « A soldiers first kill », illustriert und geschrieben von Marcel Scheidweiler.

Die Bibliothek Tony Bourg hat ihre Tätigkeit vor 18 Monaten aufgenommen und funktioniert mit gutem Erfolg. Von ursprünglich 1200 Büchern wurde das Angebot inzwischen auf 5000 ausgeweitet, teilweise mit Eigenmitteln, aber auch mit Spenden des Kulturministeriums und aus allen Landesteilen. Über 150 Abonnenten sind eingeschrieben, wesentlich auf Familienbasis.

Das Jahr 2001 wurde abgeschlossen mit der traditionellen Gemäldeausstellung. Die Künstlerinnen Danielle Grosbusch und Isabelle Lutz stellten ihre Werke mit gutem Erfolg aus.

Der Vorstand tagte fünfmal im vergangenen Jahr; das Redaktionskomitee hielt vier Arbeitssitzungen ab. Beifall für die Sekretärin, Zustimmung auch zum Finanzbericht unseres zuverlässigen Kassenführers Aly Bertemes, nachdem die Revisoren Marie-Paule Reuter und Francis Kler die Konten für gut und richtig befunden hatten.

Die abschließende freie Diskussion war dieses Jahr recht lebendig und betraf aktuelle Probleme wie Gemeindefusionen, Lyzeum im Kanton und Regionalplanung. Vor dem von der Gemeindeverwaltung Clerf angebotenen Ehrenwein würdigte Bürgermeister Stephany die unermüdliche kulturelle Leistung unseres Vereins und sicherte auch für die Zukunft Sympathie und Unterstützung zu.