Léon Braconnier

Das Lyzeum wird zu spät kommen!

Obwohl sich die « désertification intellectuelle » (René Maertz) etwas abgeschwächt hat, ein Schlangestehen von Frauen und Männern, die bereit wären, einen Teil ihrer Freizeit in die Region zu investieren, ist nicht auszumachen. Wie wäre es zum Beispiel, beim Cliärrwer Kanton eine Hand mit anzupacken?

Im Gegensatz zur politischen Karriere winkt den Mitarbeitern unserer asbl allerdings kein gesellschaftlicher Aufstieg, kein Macht- und Prestigezuwachs. Andererseits hat die Unabhängigkeit der Vereinigung aber in all den Jahren erlaubt, die Dinge beim Namen zu nennen. Wir hatten niemals den Auftrag, Parteipolitik zu verkaufen.

Auch heute ist De Cliärrwer Kanton beileibe nicht von allem erbaut, was sich innerhalb und außerhalb unserer Region tut. Aber man tut gut daran, sich keinen Illusionen hinzugegeben. Wo Menschen am Werk sind, menschelt es. Auch Politiker sind Menschen, wenn auch etwas andere. So wundert es nicht, dass auch in Zeiten wo Weitsicht und globales Denken erfordert sind, der lokale Triumphalismus ab und zu wieder aufflammt. Kleine Fegefeuer der Eitelkeit. Lobgesänge auf vermeintliche Erfolge, und seien sie noch so bescheiden, tun eben gut und schmeicheln dem Ego. Bedenklich wäre es allerdings, wenn eine im Grunde vorbildliche Regionalpolitik wieder der Kirchturmpolitik weichen müsste. Mögen die Gemeinden des Kantons gute und ehrliche Nachbarn sein, keine Konkurrenten um die höchste Zahl an Einweihungen mit Ehrenwein.

Unser Kanton ist aber gut beraten, wenn wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Das Ziel ist, den Einwohnern der Nordspitze bestmögliche Lebensbedingungen zu sichern. Dazu gehört, unsere Ressourcen mit Klugheit und Weitsicht einzusetzen, notwendige Infrastrukturen konsequent aufzubauen, lebensfähige Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen. Dass in diesem Kontext der « Guichet Unique » wieder zur Verfügung steht, ist ganz klar ein Erfolg für die Region. Dass er so hart erkämpft werden musste, ist allerdings bedauerlich.

Für alle Akteure gilt, an einem Strang zu ziehen. Es gilt auch zu unterscheiden, was wesentlich ist, was nicht. Vielleicht braucht man dazu nicht nur Erfahrung und Klugheit, sondern etwas Mut. Am Ende wird ohnehin nur Bestand haben, was durchdacht ist, ehrlich und lebensfähig.

Absolute Priorität gehört der Planung und dem Bau eines Lyzeums im Kanton. Schon heute kann man getrost behaupten, dass das Lyzeum zu spät kommen wird. Wertvolle Zeit ist verpufft und auch heute lässt man sie verstreichen. Schade. Es stand einmal im Cliärrwer Kanton, der Öslinger Wind und sein Verbündeter, der Regen, habe die Menschen in unserer Region geduldig gemacht, zu geduldig.

Das Beispiel Lyzeum zeigt aber einmal mehr, wie sehr die Regionen Luxemburgs am zentralistischen Tropf hängen. Vorort ist die Notwendigkeit eines Lyzeums sonnenklar. Die Zahlen sprechen eine sehr deutliche Sprache. Diese Sprache scheint aber nicht überall verstanden zu werden. Schade, denn wieder wird wertvolle Energie damit verloren gehen, alle zu überzeugen, dass auch die Nordspitze unseres Landes eine Sekundarschule braucht.

  • Wie aber soll eine Region aufgebaut werden, wenn elementare Infrastrukturen fehlen?
  • Wer kann allen Ernstes behaupten, in unserem Kanton bestände kein Bedarf nach einem Lyzeum?
  • Wo und von wem werden die Prioritäten gesetzt?

In den 25 Jahren Cliärrwer Kanton ist eines aufgefallen: wenn es sich um ein Projekt in Luxemburgs Norden handelt, sind die Prozeduren noch langsamer als üblich. Die Wege noch länger, steiniger und kurviger. Wie schon gesagt, im Ösling kann eine Kurve desöfteren gar nicht krumm genug sein. Ausnahmen bestätigen glücklicherweise die Regel.

Im konkreten Fall des Lyzeums scheint das Projekt ganz gehörig in Stottern geraten zu sein, dümpelt vor sich dahin. Die Sekundarschule im Kanton verschwindet im Dunst, ja im dichten Nebel. Vielleicht fahren wir deshalb mit gezogener Handbremse. Allenthalben wird mit gespaltener Zunge geredet. Generell, geht es um das Nordösling, muss man oft gegen eine von vorneherein ablehnende Haltung ankämpfen. So entsteht am Ende des Jahres 2004 wieder einmal dieses bittere Gefühl, dass die Menschen an der Nordspitze zweite Garnitur sind. Viel zu oft rangieren die Bedürfnisse der Nordregion nicht auf der Prioritätenliste. Abwarten, bis alle anderen bedient sind?

Angesichts der Riesensummen die anderswo, vor allem aber in der Hauptstadt für kulturelle Infrastrukturen und Ereignisse bereit stehen, ist es durchaus bemerkenswert, wie wenig unsere erfolgreichen « Journées du Chant Grégorien » unterstützt werden. Darauf wird zurückzukommen sein.

Wie auch immer, der Vorstand des Cliärrwer Kanton verspricht auch in Zukunft, für die Belange der Region einzutreten. Auch in diesem Problemkreis. Und wünscht allen Leserinnen und Lesern gleichsam besinnliche wie frohe Feiertage. Vielleicht schauen Sie ja in unserer Ausstellung zum Jahreswechsel vorbei. Es lohnt sich.