Léon Braconnier

Éditorial

« De Cliärrwer Kanton, e schéint Stéck Lëtzebuerg », das war damals in Clerf, 1991. Eine große Ausstellung über einen Kanton, der gerade dabei war, sich aus einer Notlage zu befreien. Zehn Jahr zuvor hatte die Einwohnerzahl einen absoluten Tiefstand erreicht und befand sich auf dem Niveau von 1830!

Aufgeteilt in über 20 verschiedene Themen hatten wir eine Region skizziert, der zwischen Hoffen und Bangen war. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Nordspitze, Leitfaden einer Expo, die vor 16 Jahren über 10.000 Besucher angezogen hatte. Geschichte, Ardennenoffensive, Natur, Sport, Industrie, Kunst. Kulturschätze, kritische Fragen zur Zukunft waren Kernthemen, Highlight aber waren etwa 1300 Kinderfotos, die Vorstandsmitglied Francis Breyer in den damaligen Spiel- und Primärschulen gemacht hatte. Die Porträts dieser Kinder hatten 1991 für Aufsehen gesorgt, denn sie waren verbunden mit der Frage: « Wie viele Kinder werden in 10, 15 Jahren noch Einwohner des Cliärrwer Kantons sein?

Nun sind 16 Jahre vergangen – und diese Sondernummer ist der Versuch die Frage zu beantworten, wohl wissend, dass es sich nur um eine Bestandsaufnahme handeln kann. Um einen Schnappschuss in einer Welt, in der Mobilität Trumpf ist.

Mit Hilfe der Gemeinden (herzlichen Dank an die Sekretariate!) ist es gelungen, ein relativ komplettes Bild der heutigen Situation zu zeichnen. In dieser Nummer beantworten wir unter anderem die Frage, wie viele der damaligen Kinder im Jahre 2007 im Kanton wohnen.

Die damaligen Kinderfotos waren wohl auf der Ausstellung zu sehen, wurden aber nur zu einem kleinen Teil veröffentlicht. Auf vielfältigen Wunsch soll dies nun nachgeholt werden. Schon während der Vorbereitung dieser Nummer war das Interesse an den Kinderportrats riesengroß Da waren wir sicher: die über 1000 Kinderfotos haben einen hohen dokumentarischen Wert.

Seit der Ausstellung sind die Fotopaneele im Gemeinde-Archiv in Wintger unter guten Bedingungen aufbewahrt worden. Dennoch war es kein einfaches Unterfangen (Dank an Francis Breyer, Henri Keup und Laurence Claude), die einzelnen Bilder in hoher Druckqualität zu reproduzieren.

Aber diese Spezialnummer möchte weit mehr als nur Fotoalbum sein. An Hand von einer Serie Interviews möchten wir einige Kinder von damals zu Wort kommen lassen. Ihre Eindrücke erzählen von den Jahren um 1990, von Erinnerungen an die Schule, an das Lehrpersonal, berichten von eingeschlagenen Wegen, vom Lernen eines Berufs.

Und wir möchten statistisches Material zur Verfügung stellen. Der Vergleich damals/heute wird manche überraschen. Daraus lesen kann man Tendenzen, man ahnt, wie es weitergeht. Es geht nicht um die Antwort, in welchem Maße unsere Ängste vor 16 Jahren berechtigt waren. Tatsache ist, dass ab Anfang der neunziger Jahre manches in Bewegung geraten ist. Die beharrliche Aufbauarbeit des Gemeindesyndikates Sicler hat sich gelohnt. Auch in den Gemeinden des Kantons ist viel Geld investiert worden. Die interkommunale Zusammenarbeit hat vieles ermöglicht, erinnern wir nur an die Regionalschulen.

Es liegt auf der Hand, dass noch manches geschehen muss, auch im Namen der vielen Kinder, die ihre Zelte zum Glück nun doch im Kanton Clerf aufgeschlagen haben. Die Fertigstellung der Nordstraße ist ein solches Beispiel. Umgehungsstraßen ein anderes. Oder die Anbindung der N7 an die Industriezone Lentzweiler.

Die Nordspitze mag viele Defizite aufweisen, sie hat aber auch viele Trümpfe. Neue Arbeitsplätze, vernünftiges Erschließen von Bauland sollten einhergehen mit dem Respekt und dem Erhalten unseres größten Reichtums: der Natur, In vielen Gesprächen mit den jungen Menschen klang dieses Anliegen mit. Auch andere Themen erweisen sich als Dauerbrenner:

  • Vergleich Dorfschule / Regionalschule
  • Finde ich in der Region einen Arbeitsplatz?
  • Inwiefern nehme ich eine größere Distanz in Kauf?
  • Gemütliches Leben in einer ländlichen Atmosphäre

In der Zeit 1991 – 2007 hat sich ein langsamer, aber im Endeffekt doch spektakulärer Wandel vollzogen. Wer hätte vor 16 Jahren ernsthaft an ein Kulturhaus vom Schlage eines Cube 521 geglaubt? Der Bau der Nordstraße stand noch in den Sternen, der Bau einer komplett neuen Sekundärschule im Kanton schien eine Utopie. Auch ein Naturpark Our war in weiter Ferne. Aber es hat immer Menschen gegeben, die in die Zukunft schauten, die an eine bessere Zukunft geglaubt haben, Visionäre. Träume wagen. In diesen Monaten erinnert sich die Welt an die Pioniere der Raumfahrt, Beispielsweise an den russischen Sputnik, der am 4. Oktober 1957 piepsend die Erde umkreiste.

Ob seine Laufbahn ihn auch über Luxemburg führte, entzieht sich meiner Kenntnis. So oder so, möge unsere Jugend, die von damals und die von heute, sich ihre Träume erfüllen!